03.05.2024

Ein zweites Leben für Batterien

Dreizehn Indikatoren zeigen den Zustand ausrangierter Lithium-Ionen-Zellen verlässlich.

Im Jahr 2030 werden weltweit etwa 1,2 Millionen Batterien elektrisch angetriebener Autos, Busse und Baumaschinen ausgemustert, weil sie das Ende ihrer geplanten Lebensdauer erreichen, ihre Gewähr­leistung abläuft oder weil die Fahrzeuge verschrottet werden. Schon 2040 sollen rund vierzehn Millionen ausgediente Batterien anfallen. Das Recycling der Materialien ist zwar sinnvoll, aber auch teuer und technisch anspruchsvoll. Daher wäre eine Weiter­verwendung der Batterien, etwa als stationärer Stromspeicher, besser und nachhaltiger. Dafür ist eine fundierte Bewertung der verbleibenden Leitungs­fähigkeit und der Sicherheit nötig. An der TU Graz haben Forschende des Instituts für Fahrzeug­sicherheit nun erste Parameter ermittelt, anhand derer sich der Zustand ausrangierter Batterien zuverlässig bewerten lässt.

Abb.: Jörg Moser (l.) und Christian Ellersdorfer bewerten den Zustand...
Abb.: Jörg Moser (l.) und Christian Ellersdorfer bewerten den Zustand ausgedienter Lithium-Ionen-Batterien.
Quelle: Lunghammer, TU Graz

Bislang dienen die verringerte Lade­kapazität und die Zunahme des Innen­widerstands als Hinweis auf den Zustand einer gebrauchten Batterie. Für eine Entscheidung über eine mögliche Second-Life-Verwendung ist das aber nicht ausreichend. Daher haben die Forschenden Lithium-Ionen-Zellen, die in Fahrzeugen unter realen Bedingungen im Einsatz waren, und baugleiche, neuwertige Exemplare im Labor genau untersucht: Während repro­duzierbarer Lade- und Entladezyklen haben sie 31 verschiedene Messwerte erhoben und anschließend überprüft, wie gut diese den Alterungs­zustand der Batterien repräsentieren. 13 dieser Indikatoren stellten sich als aussagekräftig heraus – dazu gehören beispiels­weise die Lade- und Entlade-Kapazität, die Temperatur­differenz der Pole während des Ladevorgangs oder das Relaxations­verhalten der Batteriezelle nach dem Ladevorgang.

„Anhand dieser Indikatoren können wir auf den Stand der Alterung von Lithium-Ionen-Batterien schließen und erste Rückschlüsse auf unter­schiedliche Nutzungsprofile ziehen, ohne dabei auf datenschutz­kritische Informationen zur Nutzungshistorie der Akkus angewiesen zu sein“, sagt Jörg Moser, Leiter des Battery Safety Center Graz vom Institut für Fahrzeug­sicherheit der TU Graz. „Auf dieser Basis können wir entscheiden, ob eine Batterie prinzipiell für eine Weiter­verwendung in einem bestimmten Einsatz­bereich in Frage kommt.“

Für eine risikoarme Weiter­verwendung fehlt allerdings noch die Bewertung des Sicherheitszustands der Batterien. Im Laufe ihres ersten Lebens kommt es zu chemischen Veränderungen der Materialien, was sich auf deren sichere Verwendung auswirken kann. „Es ist entscheidend, Batterie­zellen und die darin ablaufenden Prozesse, Reaktionen und Veränderungen im Detail zu verstehen, um sie hinsichtlich ihres Sicherheits­verhaltens qualifizieren zu können“, sagt Christian Ellersdorfer. Er leitet am Institut für Fahrzeug­sicherheit das COMET-Projekt SafeLIB, in dem ein Konsortium aus Forschungs­einrichtungen sowie Automobil- und Technologie­unternehmen an der sicherheits­relevanten Bewertung neuer und gebrauchter Lithium-Ionen-Batterien arbeitet. Mit ersten Ergebnissen ist bis Ende des Jahres zu rechnen.

Bis gebrauchte Batterien auf breiter Basis in nachfolgenden Anwendungen zum Einsatz kommen und so die Elektro­mobilität über den gesamten Lebenszyklus betrachtet noch nachhaltiger wird, dürften noch einige Jahre vergehen. Denn auch neue Speicher­materialien, die Sicherheit unter­schiedlicher Batterie­technologien, die Wirtschaft­lichkeit von Second-Life-Anwendungen und juristische Fragen zu Datenschutz, Gewährleistung oder Haftung müssen in Betracht gezogen werden. „Daraus ergibt sich ein inter­disziplinäres Forschungsfeld, das wir an der TU Graz gemeinsam mit nationalen und inter­nationalen Partnern in weiter­führenden Forschungs­projekten bearbeiten wollen“, sagt Christian Ellersdorfer.

TU Graz / JOL

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