Einblicke ins Atom
Neues Verfahren zur Untersuchung von Atomkernen entwickelt.
Es ist nicht leicht, die kleinsten Bausteine der Materie in Augenschein zu nehmen. Während sich Atome mit einer Größe von einigen Pikometern mit Rastertunnelmikroskopen noch in ihren Umrissen sichtbar machen lassen, sind Nahaufnahmen der Atomkerne auf direktem Wege bislang ganz und gar unmöglich: Wie eine dichte Atmosphäre oftmals den Blick auf ferne Planeten verhüllt, so verdeckt eine Wolke von Elektronen, die sich um den Atomkern bewegen, die Sicht ins Innere eines Atoms. „Die Elektronenhülle bestimmt nicht nur die Festigkeit und chemischen Bindungen aller uns umgebenden Stoffe, sie ist auch wesentlich größer als der Atomkern“, sagt Stephan Fritzsche von der Uni Jena. Ihr Durchmesser beträgt etwa das Hunderttausendfache des Durchmessers des Atomkerns. Um die Kerne dennoch direkt zu erreichen, müssen sich die Forscher daher etwas einfallen lassen.
Fritzsche und seine Kollegen stellen jetzt eine Methode vor, mit der die Forscher den Schleier der Elektronenwolke lüften und die Atomkerne gezielt anregen können. Dabei gelingt es ihnen nicht nur die Elektronenwolke zu durchdringen: Sie nutzen die eigenwilligen Sprünge der Elektronen sogar, um neue Kernzustände zu ermöglichen. Grundlage der Untersuchungsmethode ist die Zwei-
„Dem von uns vorgeschlagenen Mechanismus zufolge wird eines dieser Photonen jedoch vom Atomkern absorbiert und regt diesen selbst an“, so Volotka. Diese Anregung des Atomkerns lässt sich – ebenso wie die des verbleibenden zweiten Photons – spektroskopisch nachweisen. Die beobachtbaren Signale in den Photonenspektren geben den Forschern Aufschluss über die Struktur des Atomkerns und dessen Wechselwirkung mit den Elektronen. „Damit können isomere Zustände der Atomkerne bestimmt werden, die vergleichsweise langlebig sind“, nennt Fritzsche einen Vorteil der Methode. „Langlebig“ bedeutet für die Physiker in diesem Fall von Bruchteilen einer Sekunde bis hin zu mehreren Minuten. Die in gängigen Stoßexperimenten angeregten Kernzustände haben dagegen typische Lebensdauern im Attosekundenbereich.
Bisher ist dieser neue Mechanismus allerdings nur ein theoretischer Vorschlag, den die Forscher aber gemeinsam mit Kollegen aus Braunschweig, Darmstadt und Dresden mit Computersimulationen bestätigen konnten. „Das ist in erster Linie Grundlagenforschung“, macht Fritzsche deutlich. Vielleicht, so der Physiker, lassen sich die Erkenntnisse jedoch eines Tages auch nutzbringend anwenden, etwa in Form hochpräziser Atomuhren, die dann auf Kernübergängen beruhen und eine nennenswert höhere Präzision versprechen.
FSU / RK