23.01.2017

Einblicke ins Atom

Neues Verfahren zur Untersuchung von Atom­kernen entwickelt.

Es ist nicht leicht, die kleinsten Bausteine der Materie in Augen­schein zu nehmen. Während sich Atome mit einer Größe von einigen Piko­metern mit Raster­tunnel­mikro­skopen noch in ihren Umrissen sichtbar machen lassen, sind Nah­auf­nahmen der Atom­kerne auf direktem Wege bislang ganz und gar unmög­lich: Wie eine dichte Atmo­sphäre oft­mals den Blick auf ferne Planeten verhüllt, so verdeckt eine Wolke von Elek­tronen, die sich um den Atom­kern bewegen, die Sicht ins Innere eines Atoms. „Die Elek­tronen­hülle bestimmt nicht nur die Festig­keit und che­mischen Bin­dungen aller uns umge­benden Stoffe, sie ist auch wesent­lich größer als der Atom­kern“, sagt Stephan Fritzsche von der Uni Jena. Ihr Durch­messer beträgt etwa das Hundert­tausend­fache des Durch­messers des Atom­kerns. Um die Kerne dennoch direkt zu errei­chen, müssen sich die Forscher daher etwas ein­fallen lassen.

Fritzsche und seine Kollegen stellen jetzt eine Methode vor, mit der die Forscher den Schleier der Elek­tronen­wolke lüften und die Atom­kerne gezielt anregen können. Dabei gelingt es ihnen nicht nur die Elek­tronen­wolke zu durch­dringen: Sie nutzen die eigen­willigen Sprünge der Elek­tronen sogar, um neue Kern­zu­stände zu ermög­lichen. Grund­lage der Unter­suchungs­methode ist die Zwei-Photonen-Emissions­spektro­skopie. „Dazu schickt man elektro­magne­tische Strahlung in eine Probe des zu unter­suchenden Elementes“, erläu­tert Andrey Volotka aus Fritz­sches Arbeits­gruppe. Die Elek­tronen in der Atom­hülle werden von der Strahlung ange­regt und gehen in einen ener­ge­tisch höheren Zustand über, in dem sie aller­dings nur für sehr kurze Zeit ver­weilen und von wo sie anschlie­ßend in ihren ursprüng­lichen Zustand zurück­fallen. Jedes ange­regte Atom gibt dabei seine Energie in Form zweier Photonen wieder ab.

„Dem von uns vorgeschlagenen Mechanismus zufolge wird eines dieser Photonen jedoch vom Atom­kern absor­biert und regt diesen selbst an“, so Volotka. Diese Anregung des Atom­kerns lässt sich – ebenso wie die des verblei­benden zweiten Photons – spektro­skopisch nach­weisen. Die beob­acht­baren Signale in den Photonen­spektren geben den Forschern Auf­schluss über die Struktur des Atom­kerns und dessen Wechsel­wirkung mit den Elek­tronen. „Damit können isomere Zustände der Atom­kerne bestimmt werden, die ver­gleichs­weise lang­lebig sind“, nennt Fritzsche einen Vor­teil der Methode. „Lang­lebig“ bedeutet für die Physiker in diesem Fall von Bruch­teilen einer Sekunde bis hin zu mehreren Minuten. Die in gängigen Stoß­experi­menten ange­regten Kern­zu­stände haben dagegen typische Lebens­dauern im Atto­sekunden­bereich.

Bisher ist dieser neue Mechanismus allerdings nur ein theore­tischer Vorschlag, den die Forscher aber gemein­sam mit Kollegen aus Braun­schweig, Darm­stadt und Dresden mit Computer­simu­la­tionen bestä­tigen konnten. „Das ist in erster Linie Grund­lagen­forschung“, macht Fritzsche deut­lich. Viel­leicht, so der Physiker, lassen sich die Erkennt­nisse jedoch eines Tages auch nutz­bringend anwenden, etwa in Form hoch­präziser Atom­uhren, die dann auf Kern­über­gängen beruhen und eine nennens­wert höhere Präzi­sion ver­sprechen.

FSU / RK

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