27.07.2007
Einblicke ins Innere von Jupiter und Saturn
Physiker der Universität Jena nutzen neuartigen Laser "FLASH" um die Eigenschaften so genannter "warmer dichter Materie" zu untersuchen
Physiker der Universität Jena nutzen neuartigen Laser "FLASH" um die Eigenschaften so genannter "warmer dichter Materie" zu untersuchen
Jena (26.07.07) Ob es sich um die Zielankunft in einem Sprintrennen oder das Flügelschlagen eines Insekts handelt, wer schnelle Bewegungen - unverwackelt - auf ein Foto bannen will, muss mit sehr kurzen Belichtungszeiten arbeiten. Das gilt für die konventionelle Fotografie ebenso wie für wissenschaftliche Analysen. "Will man etwa Schwingungen in einem Molekülgitter beobachten, deren Periode nur Sekundenbruchteile beträgt, sind ultrakurze Lichtblitze nötig", erläutert Prof. Dr. Eckhart Förster von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Sind die Strukturen zudem sehr klein, wie im Falle einzelner Moleküle und Atome, muss die Strahlung außerdem sehr kurzwellig sein und entweder im extremen ultravioletten oder im Bereich der Röntgenstrahlung liegen", so der Professor für Experimentalphysik weiter.
Abb.: Doktorand Sebastian Höfer, Technikerin Heike Marschner und Projektleiter Prof. Dr. Eckhart Förster (v. l.) von der Universität Jena bei einem Vorexperiment an einem Kilo-Hertz-Lasersystem im eigenen Labor, das zur Vorbereitung auf die Experimente an "FLASH" dient. Foto: Scheere/FSU-Fotozentrum
Derzeit gibt es weltweit nur einen einzigen Laser, mit dem sich Blitze im Bereich der weichen Röntgenstrahlung mit ausreichender Intensität erzeugen lassen: "FLASH" ("Free Electron Laser in Hamburg"). Das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg betreibt den Rekord-Laser, der bis zu 150 Röntgenpulse pro Sekunde mit einer Spitzenleistung von bis zu 10 Gigawatt pro Puls aussendet. An der Hochleistungsanlage werden künftig auch die Forscher um Prof. Förster arbeiten. Der Jenaer Physiker gehört mit seinem Team zu den ersten Gruppen, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) kürzlich als Partner für den neuen Forschungsschwerpunkt "FLASH: Materie im Licht ultrakurzer und extrem intensiver Röntgenpulse" ausgewählt hat. Bis 2010 erhalten die Forscher über 700.000 Euro für ihre Untersuchungen.
Damit würdigt das BMBF die ausgewiesene Expertise der Forscher des Instituts für Optik und Quantenelektronik der Jenaer Universität auf dem Gebiet der Laserentwicklung und -anwendung, die sie bereits mehrfach in Beiträgen renommierter Journale wie "Nature" unter Beweis stellten. In Jena entwickeln die Forscher des Instituts, dessen Direktor Prof. Förster ist, derzeit z. B. den Hochintensitätslaser "POLARIS".
Mit Hilfe von "FLASH" wollen die Physiker der Friedrich-Schiller-Universität nun in Kooperation mit Kollegen der Universität Rostock und des DESY in Hamburg die Eigenschaften so genannter "warmer dichter Materie" untersuchen. Diese Form der Materie kommt beispielsweise im Inneren der großen Gasplaneten Saturn und Jupiter vor. "Bisher wissen wir über diese Materieform aber nur sehr wenig", so Prof. Förster. "Lediglich" 10.000 bis 100.000 °C sollen im unzugänglichen Inneren von Saturn und Jupiter vorherrschen. Heiße Materie dagegen, aus der Sterne bestehen oder die im Labor mit Hilfe von Hochleistungslasern erzeugt werden kann, weist Temperaturen von mehreren Millionen Grad auf. "Heiße Materie lässt sich deshalb gut untersuchen, weil sie sichtbare, ultraviolette und Röntgenstrahlung aussendet, die wir auf der Erde messen können", macht Förster den Unterschied deutlich. Warmer Materie fehlt die Energie zum Strahlen - für die Wissenschaftler ist sie deshalb bislang nur äußert schwer zu erfassen.
Um die warme dichte Materie dennoch zu untersuchen, erzeugen sie die Physiker im Labor. Und genau dazu brauchen sie "FLASH". Mit seiner Hilfe beschießen Prof. Förster und seine Kollegen Wasserstofftröpfchen, die zuvor auf minus 260 °C abgekühlt wurden. Für winzige Bruchteile einer Sekunde lässt sich so im Vakuum warme dichte Materie erzeugen. Das Röntgenlicht des Lasers wird zugleich an diesem kurzzeitig existierenden Materiezustand gestreut. "Die Art und Intensität der Streuung gibt uns Aufschluss über seine Temperatur und seine Dichte", so Förster.
Nach einem erfolgreichen Vorexperiment im März dieses Jahres haben die Jenaer Physiker ihre Untersuchungen an "FLASH" jetzt planmäßig begonnen. Damit liefern sie auch wichtige Erkenntnisse, die dazu beitragen, "FLASH" weiter zu verbessern. Der Laser ist die Pilotanlage für den noch weitaus leistungsstärkeren Röntgenlaser XFEL, der ab 2012 noch kürzere Wellenlängen und um Größenordnungen höhere Intensitäten erzeugen wird.
Quelle: Uni Jena
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