18.09.2008

Eindimensionaler Photonenkristall

Durch nichtlineare Wechselwirkung könnten Lichtteilchen zu Fermionen werden.

       

Durch nichtlineare Wechselwirkung könnten Lichtteilchen zu Fermionen werden.

Wo ein Photon ist, da ist das nächste in der Regel nicht weit. Die Lichtteilchen sind gesellige Bosonen, die in „Bündeln“ dahergeflogen kommen. Dieses Photonen-Bunching lässt sich unterdrücken, indem man die Photonen mit zeitlichem Abstand erzeugt, etwa als Fluoreszenzstrahlung eines einzelnen Atoms. Hier tritt Anti-Bunching auf, da das Atom nach der Emission eines Photons erneut angeregt werden muss, bevor es das nächste Photon abstrahlen kann. Doch auch dabei bleiben die Lichtteilchen  Bosonen. Fermionen könnte man aus ihnen machen, wenn man ihre Bewegung auf eine Raumdimension einschränken und stark abstoßende Kräfte zwischen ihnen hervorrufen würde. Wie das gehen könnte, beschreiben Forscher von der Harvard University.

Wenn Bosonen, die einander stark abstoßen, sich nur in einer Raumdimension bewegen können, bilden sie ein sogenanntes Tonks–Girardeau-Gas. Dessen Energiespektrum ist identisch mit dem eines eindimensionalen Gases von Fermionen, die nicht miteinander wechselwirken. Insbesondere stimmen die thermodynamischen und statistischen Eigenschaften dieses Bose-Gases mit denen eines wechselwirkungsfreien Fermi-Gases überein. Bosonische Atome in Lichtgittern hat man auf diese Weise schon fermionisiert. Mit Photonen ist dies bisher noch nicht gelungen, da sie sich normalerweise im dreidimensionalen Raum bewegen und ihre Wechselwirkung vernachlässigt werden kann. Doch Michail Lukin und seine Mitarbeiter haben für beide Probleme eine Lösung.

In optischen Nanofasern sind die Photonen quer zu Ausbreitungsrichtung auf einer Fläche lokalisiert, die nahe oder unterhalb der Beugungsgrenze liegt. In solchen Fasern können die Photonen einander nicht aus dem Weg gehen sondern kollidieren miteinander. Zudem führt die starke räumliche Beschränkung dazu, dass die Photonen sehr stark und deshalb nichtlinear mit den Atomen im Kern der Faser wechselwirken können. Dies ließe sich ausnutzen, um durch elektromagnetisch induzierte Transparenz (EIT) eine abstoßende Kraft zwischen den Photonen hervorzurufen.

Um EIT zu beobachten, nimmt man Atome mit einem Dreiniveausystem von Zuständen, zwischen denen man zwei erlaubte und einen verbotenen Übergang hat. Laserlicht, das einen der erlaubten Übergänge anregen kann, wird von den Atomen absorbiert. Ein Material oder eine dichte Wolke aus diesen Atomen ist dann undurchlässig für das Laserlicht. Treibt man den zweiten erlaubten Übergang mit einem Kontrollfeld, so kann man durch destruktive Interferenz erreichen, dass der erste Übergang unterdrückt wird und die Atome das Laserlicht nicht absorbieren. Das Material ist transparent geworden. Gibt man dem Kontrollfeld die Form einer stehenden Welle, so entsteht ein Bragg-Gitter, an dem das Laserlicht vielfach gestreut wird. Hat die stehende Welle die richtige Wellenlänge, so kann sich das Laserlicht nicht ausbreiten. Auf diese Weise haben Lukin und seine Mitarbeiter vor fünf Jahren Laserpulse in einer Wolke aus Rubidiumatomen gefangen und durch Änderung des Kontrollfeldes wieder in Bewegung gesetzt.

Die Forscher schlagen nun vor, zu ihrem Dreiniveausystem ein viertes Energieniveau hinzu zu fügen, sodass ein weiterer erlaubter Übergang entsteht, dessen Anregungsfrequenz jedoch nicht mit der Frequenz des Laserlichts übereinstimmen soll. Erzeugt man mit dem Kontrollfeld wieder eine stehende Welle mit abgestimmter Wellenlänge, so wird das Laserlicht stark verlangsamt und kommt beinahe zum Stillstand. Seine hohe Intensität verursacht dann durch den Stark-Effekt eine Veränderung der Anregungsfrequenz des hinzugekommenen Übergangs. Dies hat eine Änderung des Brechungsindex zur Folge, die stark nichtlinear von der Intensität des Laserpulses abhängt.

Wie die Berechnungen der Forscher zeigen, kann man dann das Verhalten eines Laserpulses durch eine nichtlineare Schrödinger-Gleichung beschreiben. Ja nach Parameterwahl führt diese Gleichung dazu, dass sich lokale Konzentrationen der Lichtintensität anziehen oder abstoßen. Wenn sie sich abstoßen, dann wird der Lichtpuls in einzelne Photonen auseinander gerissen, die sich ebenfalls abstoßen und – bei räumlicher Beschränkung auf eine Dimension – wie Perlen auf einer Schnur anordnen. Es entsteht ein eindimensionaler Kristall aus Photonen, der sich durch eine charakteristische Photonenstatistik auszeichnet. Diese Statistik könnte man beobachten, wenn man die Photonen aus dem nichtlinearen optischen Medium entweichen lässt und mit Photonenzählern registriert. Das ungewöhnliche Licht aus kristallisierten Photonen ließe sich in der Quanteninformationsverarbeitung und in der Metrologie nutzen.

RAINER SCHARF

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