15.11.2017

Eine gemeinsame Stimme in Europa

Am 13. November wurde in Brüssel ein Konsortium von europäischen Forschungslichtquellen aus 16 Institutionen gegründet.

Energie und Transport, Gesundheitswesen, Lebensmittelsicherheit oder Umweltschutz – dies sind nur einige der globalen Herausforderungen, die es zu meistern gilt, um die Gesundheit, den Wohlstand und die Sicherheit in unserer Gesellschaft zu gewährleisten. Um diese Aufgaben anzugehen, haben sich Mitte November in Brüssel Vertreter von 16 europäischen Institutionen zum LEAPS-Konsortium (League of European Accelerator-based Photon Sources) zusammengeschlossen. Zu den Partnern gehören in Deutschland DESY, European XFEL, das Helmholtz-Zentrum Berlin, das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt. Ziel dieses strategischen Zusammenschlusses ist es, mit der geballten wissenschaftlichen Exzellenz die globalen Herausforderungen zu lösen sowie die europäische Wettbewerbsfähigkeit und Integration zu stärken.

Gruppenbild der LEAPS-Direktoren bei der Gründung des Konsortiums in Brüssel (Bild: DESY)

Das Konsortium geht auf eine Initiative von DESY-Direktor Helmut Dosch zurück, der die 16 Direktoren der europäischen Synchrotronstrahlungsquellen und Freie-Elektronen-Laser 2015 zu einem Strategiegespräch nach Frankfurt eingeladen hatte, um über die zukünftige Entwicklung der Labore zu diskutieren. „Wir waren uns schnell einig, dass die vielen Herausforderungen der Zukunft nur in einer gemeinsam koordinierten Kraftanstrengung zu bewältigen sind“, erinnert sich Dosch, der nun Vorsitzender des LEAPS-Konsortiums ist. „Es ist unbestritten, dass die Weiterentwicklung der Zukunftstechnologien ohne das Design neuartiger Material-Architekturen nicht funktionieren wird.“ Dazu sei es essenziell, die molekulare Struktur sowie ihre Veränderungen detailliert zu verstehen.

Synchrotronlichtquellen liefern Strahlung mit Wellenlängen vom Infraroten bis in den Röntgenbereich, um die Struktur von Biomolekülen zu entschlüsseln, Solarzellen während des Betriebs zu durchleuchten oder versteckte Gemälde unter einer anderen Farbschicht zu entdecken. Freie-Elektronen-Laser erlauben es mit extrem hellen und ultrakurzen Lichtblitzen, Schnappschüsse von schnellen Prozessen im Nanokosmos zu machen und so z. B. den Ablauf von (bio-)chemischen Reaktionen zu filmen. Beide Arten von Strahlungsquellen liefern Einblicke in kleinste Details von Proben, die auf anderem Wege nicht zu erreichen sind. „Diese Forschungslichtquellen sind […] Schlüsselfaktoren für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, wovon die Gesellschaft direkt profitiert“, betont Robert Feidenhans’l, Direktor des European XFEL und Mitglied im LEAPS-Konsortium.

PETRA III, die brillanteste Speicherring-Röntgenstrahlungsquelle der Welt, ist eine von 19 Einrichtungen, die Teil des LEAPS-Konsortium ist (Bild: DESY)

Um die geforderten mikroskopischen Einblicke zu erzielen, gilt es, die Synchrotronstrahlungsquellen auf eine neue Speicherringtechnologie umzurüsten und die entsprechende Instrumentierung an den Freie-Elektronen-Lasern aufzubauen. „Das erfordert einen auf europäischer Ebene abgestimmten Roadmap-Prozess, den wir nun möglichst rasch implementieren wollen“, erläutert Helmut Dosch. Daneben wollen die Mitglieder des Konsortiums Technologie-Roadmaps entwickeln, beispielsweise für neue Detektorkonzepte, Röntgenoptiken und die Entwicklung neuer Beschleuniger- und Datenmanagementkonzepte.

Die Anstrengungen kommen über 30.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zugute, welche die Quellen nutzen, sowie der industriellen Forschung. In der Industrie profitiert dabei vor allem die Pharmazie: So lassen sich mit den Strahlungsquellen die Strukturen von Krankheitserregern und Wirkstoffen detailliert aufklären, um mit diesen Erkenntnissen neue Medikamente oder Therapien zu entwickeln. Weiterhin wollen die Konsortiumsmitglieder europäisch orchestrierte Nachwuchsprogramme entwickeln, die Öffentlichkeitsarbeit fördern sowie Kooperationen mit weiteren europäischen Ländern aufbauen.

Bislang finanzieren die Mitglieder die Arbeit des Konsortiums aus eigenen Mitteln. Um aber die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, wird LEAPS als einen ersten Schritt ein Positionspapier erstellen, welches das Direktorium für Forschung und Innovation der Europäischen Kommission überzeugen soll, eine Förderung im kommenden europäischen Rahmenprogramm aufzulegen. Helmut Dosch freut sich auf die enge Zusammenarbeit im Konsortium: „LEAPS wird eine neue Stimme in Europa werden, welche die zukünftige Entwicklung des Europäischen Forschungsraums entscheidend mitbestimmen wird.“

Maike Pfalz

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