Eine neue Klasse explodierender Sterne
Sie leuchten zehnmal heller als normale Supernovae – und sind damit ideale Strahlungsquellen für die Untersuchung des Kosmos.
Sie leuchten zehnmal heller als normale Supernovae – und sind damit ideale Strahlungsquellen für die Untersuchung des Kosmos.
Bei einer automatischen Durchmusterung des Himmels ist ein internationales Forscherteam auf eine neue Art von Supernovae gestoßen. Die explodierenden Sterne sind zehnmal heller als normale Supernovae vom Typ Ia. Ihre Strahlung muss daher auch durch andere physikalische Prozesse als bei den bislang bekannten Sternexplosionen produziert werden. Durch ihre große Helligkeit eignen sich die neuen Supernovae besonders gut als Strahlungsquellen für kosmologische Untersuchungen.
Robert Quimby vom California Institute of Technology in Pasadena und seine Kollegen stießen im Rahmen des Projekts "Palomar Transient Factory" auf die neuartigen Himmelsobjekte. Ein automatisches Teleskop - das 1,2 Meter große Samuel-Oschin-Teleskop des Mt. Palomar Observatory - sucht dabei den Himmel nach vorübergehend aufleuchtenden Strahlungsquellen - so genannten "Transients" - ab. Über tausend Supernovae haben die Astronomen auf diese Weise bereits aufgespürt.
Vier dieser Sternexplosionen unterscheiden sich in mehrfacher Hinsicht von den anderen Supernovae, berichten Quimby und sein Team. Neben ihrer ungewöhnlichen Helligkeit zeigen sie in ihrer frühen Phase ein sehr heißes Spektrum mit hohem UV-Anteil. Weiterhin gibt es in ihrem Spektrum keinerlei Anzeichen für Wasserstoff sowie für schwere Elemente wie Kalzium und Eisen, die üblicherweise in anderen Supernovae-Spektren zu sehen sind.
Abb.: Vorher (oben) - und Nachher (unten) - Bilder der vier von Quimby et al. im Rahmen des Projekts Palomar Transient Factory entdeckten außergewöhnlich hellen Supernovae. (Bild: Caltech, Robert Quimby, Nature)
Bei den bislang bekannten Supernovae entsteht die Strahlung durch mehrere physikalische Prozesse: den radioaktiven Zerfall durch Kernfusion erzeugter Elemente wie beispielsweise Nickel-56, die Schockwelle der Explosion in der äußeren Hülle des sterbenden Sterns und die Wechselwirkung der herausgeschleuderten Materie mit Gas in der Umgebung. Doch alle diese Vorgänge können die charakteristischen Eigenschaften der neuen Supernovae nicht erklären, stellen Quimby und seine Kollegen fest.
Als mögliche Alternative präsentieren die Forscher die Explosion extrem massereicher Sterne mit der 90- bis 130-fachen Masse unserer Sonne. Solche Sterne durchlaufen vor ihrer Explosion heftige Pulsationen, bei denen sie mit hoher Geschwindigkeit Teile ihrer Außenhülle abstoßen. Der Zusammenprall der bei der Explosion ausgestoßenen Materie mit den sich schnell bewegenden abgestoßenen Außenhüllen könnte, so die Wissenschaftler, sowohl die extreme Helligkeit als auch die anderen Eigenschaften der Objekte erklären.
Unabhängig von einer Erklärung des Phänomens sind die neuen Supernovae für die Astronomen ein Glücksfall: Mit ihrer großen Helligkeit können sie noch über Entfernungen von bis zu zwölf Milliarden Lichtjahren wahrgenommen werden. Auf seinem Weg zu uns durchquert das Licht dieser Supernovae Gas- und Staubwolken, die dann als Absorptionslinien im Spektrum der explodierenden Sterne zu erkennen sind. Damit bietet sich den Forschern beispielsweise die Möglichkeit für eine hochauflösende Spektroskopie von Sternentstehungsregionen in weit entfernten, kosmologisch jungen Galaxien.
Rainer Kayser
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MH