19.12.2013

Eine neue Waage für Exoplaneten

Astronomen bestimmen Masse eines Planeten aus dem durch die Atmosphäre hindurchgehenden Sternenlicht.

Mehr als 900 Exoplaneten sind inzwischen bekannt, 2300 weitere warten auf ihre Bestätigung durch weitere Beobachtungen. Angesichts dieser Zahlen bewegt sich die Exoplaneten-Forschung von der reinen Suche nach weiteren Objekten weg zur physikalischen Untersuchung der Himmelskörper: Woraus bestehen sie, wie sind sie aufgebaut, was für eine Atmosphäre haben sie, wie sind die Umweltbedingungen auf ihrer Oberfläche – und kann es dort Leben geben?

Abb.: Ein Teil des Sternenlichts geht durch die Atmosphäre des Planeten hindurch („Transmission“). In Abhängigkeit von der chemischen Zusammensetzung, sowie dem Druckverlauf wird das Sternenlicht gefiltert, d.h. die Lufthülle absorbiert einen Teil der Strahlung. (Bild: ESA)

Der Schlüssel zu einer solchen Charakterisierung eines Exoplaneten ist seine Masse – doch diese ist bislang nicht immer einfach zu bestimmen. Das dominierende Verfahren für die Massenbestimmung bei Exoplaneten ist die Radialgeschwindigkeitsmethode. Dabei bestimmen die Forscher über den Dopplereffekt aus dem Sternspektrum die periodische Radialbewegung um den Massenschwerpunkt des Stern-Planet-Systems. Doch diese Methode ist für viele Exoplaneten nicht geeignet: Bei Planeten geringer Masse, Planeten auf weiten Umlaufbahnen, bei Sternen geringer Leuchtkraft und bei aktiven Sternen ist das Doppler-Signal zu schwach für eine genaue Messung.

Julien de Wit und Sara Seager zeigen nun, wie sich die Masse eines Planeten auch aus seinem Transmissionsspektrum ermitteln lässt, also aus der spektroskopischen Untersuchung des Sternlichts, das durch die Atmosphäre des Planeten hindurch geht. Das schränkt das Verfahren natürlich auf Exoplaneten ein, deren Bahn sie von der Erde aus gesehen regelmäßig vor ihrem Stern vorüber führt. Doch zum einen ist das Transit-Verfahren ohnehin die dominierende Entdeckungsmethode für Exoplaneten. Und zum anderen sind solche Transit-Planeten von besonderem Interesse, weil sich aus der Helligkeitsänderung beim Transit unmittelbar die Größe des Planeten ableiten lässt. Und erst die Kombination von Größe und Masse erlaubt es, Aussagen über die physikalische Beschaffenheit eines Himmelskörpers zu treffen.

Bei einem Transit geht zudem ein Teil des Sternlichts durch die Atmosphäre hindurch. Das Spektrum dieser Transmissions-Strahlung liefert aber, wie de Witt und Seager zeigen, nicht nur Informationen über die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre, sondern auch über deren Druckprofil. Und dieses wiederum hängt über die Gravitation mit der Masse des Planeten zusammen. Die beiden Forscher haben ihr Verfahren bereits am Planeten HD 189733b getestet. HD 189733b ist ein „heißer Jupiter“, also ein Gasriese, der seinen Stern auf einer extrem engen Umlaufbahn umkreist. Für diesen Exoplaneten liegt bereits eine genaue Massenbestimmung aus der Radialgeschwindigkeit vor: Demnach enthält HD 189733b die 1,14-fache Masse des Planeten Jupiter. Die neue Planetenwaage von de Wit und Seager liefert in exzellenter Übereinstimmung damit einen Wert von 1,15 Jupitermassen. Künftige Weltraumteleskope wie die ESA-Mission EChO, die speziell auf die Untersuchung der Atmosphären von Exoplaneten ausgerichtet sind, können also zugleich die Massen dieser Himmelskörper mit hoher Genauigkeit bestimmen.

Rainer Kayser

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