Eine Quanten-Wärmekraftmaschine als leistungsfähiger Minimotor
Maschine lässt sich trotz der in der Quantenwelt allgegenwärtigen Fluktuationen stabil betreiben.
Klassische Motoren wandeln eine Energieform wie Wärme in mechanische Arbeit um. Lassen sich diese Gesetzmäßigkeiten auch auf eine Miniaturmaschine übertragen, die nur aus einem einzelnen Caesium-Atom besteht und damit effizienter arbeiten könnte? Ein Forscherteam der TU Kaiserslautern unter Leitung von Artur Widera hat jetzt den Beweis erbracht. Zudem konnten die Wissenschaftler mithilfe eines Tricks aus der Quantenwerkzeugkiste die Maschine trotz der in der Quantenwelt allgegenwärtigen Fluktuationen stabil betreiben.
Wie lässt sich eine Quanten-Wärmemaschine überhaupt bauen? Dafür wählten die Forscher einen speziellen Versuchsaufbau: Als Medium dient ein Gas aus Rubidium-Atomen, welches – um thermische Fluktuationen auszuschließen – bis fast an den absoluten Nullpunkt abgekühlt wird. Der Treibstoff im System ist der Spin der Rubidium-Atome. Die Miniaturmaschinen bestehen aus einzelnen Caesium-Atomen, der notwendige Wärmeaustausch erfolgt beim Zusammenstoßen von Cäsium- und Rubidium-Atomen.
„Der Spin kann in zwei Richtungen, aufwärts oder abwärts, erfolgen, was in unserem System heiß und kalt und damit den Wärmeunterschied repräsentiert“, erklärt Team-Mitglied Jens Nettersheim. „Wenn Spin-Austauschstöße stattfinden, kippen die Drehbewegungen des stoßenden Caesium und Rubidium-Atoms in die jeweils andere Richtung. Bei den ultrakalten Temperaturen können wir die Richtung der Spin-Änderung in einzelnen Stößen kontrollieren. Die Bewegung des Kolbens, der die Energie umwandelt, haben wir im System ersetzt durch ein sich änderndes Magnetfeld.“ Mit Hilfe dieser Analogien zu Wärmeaustausch und Kolbenbewegung ist es den Forschern gelungen, einen Otto-Kreisprozess in der Quantenwelt zu realisieren.
Dabei hat das Team eine bislang als unumstößlich geltende Herausforderung überwunden. „Die Zustände von Quantenteilchen lassen sich im Allgemeinen nicht eindeutig bestimmen“, erklärt Widera. „Sprich, wir können diese zwar messen, aber nie sicher das Messergebnis einer einzelnen Messung vorhersagen. Ich kann lediglich feststellen, mit welcher Wahrscheinlichkeit die beobachteten Eigenschaften auftreten.“ Diese Fluktuationen der Messergebnisse haben bislang dazu geführt, dass die Wissenschaft angezweifelt hat, dass eine Quanten-Wärmekraftmaschine eine konstante Leistung mit hoher Effizienz überhaupt liefern kann. „Ich möchte grundsätzlich ausschließen, dass ein Motor unkontrollierbar zwischen verschiedenen Leistungsstufen hin und her fluktuiert“, so Widera.
Während der Spin-Austauschstöße traten diese Fluktuationen ebenso auf. Doch „mit der Zeit sättigt der Spin der Caesium-Atome“, sagt Widera. „Sie verharren nach einer gewissen Zeit in einem Zustand, Fluktuationen sind somit kontrollierbar. Verglichen mit klassischen thermischen Maschine erreichen die Atome dabei einen höheren Anregungszustand. Genau das ist der Schlüssel, um eine Quanten-Wärmekraftmaschine effizient betreiben zu können. Zusätzlich zum Vorteil der unterdrückten Fluktuationen können die Quantenmaschinen durch diesen Quantentrick in einem Umlauf sogar mehr Energie umsetzen, als es thermodynamisch mit heißen und kalten Bädern möglich ist.“
Die von den Forschern entwickelte Quanten-Wärmekraftmaschine läuft verlässlich und entfaltet zugleich eine konstant hohe Leistung und das bei sehr hoher Effizienz. Damit ist es Wideras Arbeitsgruppe gelungen, die Thermodynamik erfolgreich im Experiment mit der Quantenwelt zusammenzubringen und die Tür zur Anwendung der Quantenthermodynamik weiter aufzustoßen.
TU Kaiserslautern / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
Q. Bouton et al.: A quantum heat engine driven by atomic collisions, Nat. Commun. 12, 2063 (2021), DOI: 10.1038/s41467-021-22222-z - Individual Quantum Systems (A. Widera), FB Physik, Technische Universität Kaiserslautern
Weitere Beiträge
- M. Lewenstein und A. Sanpera Trigueros, Temperaturmessung auf Quantenniveau, Physik Journal, April 2020, S. 20 PDF
- Cäsiumatom als Thermometer (pro-physik.de Nachrichten, 5. Februar 2020)