02.06.2016

Eine Solarzelle für alle Bedingungen

Neues Messverfahren für Referenzsolarzellen erlaubt Ertragsbestimmung für alle klimatischen Verhältnisse.

Forscher testen Solarzellen im Labor bisher unter einheitlich festgelegten Bedingungen. Da die realen Umstände, wie die Temperatur oder der Einfalls­winkel des Lichts, je nach Region und Klima davon abweichen, lässt sich die Leistungs­fähigkeit der Zellen im Einsatz vor Ort nur schwer ermitteln. Wissenschaftlern der Physikalisch-Technischen Bundes­anstalt (PTB) ist es gelungen, mittels eines laser­basierten spektralen Mess­verfahrens Solar­zellen so umfassend zu charakterisieren, dass sich ihr Ertrag für jede beliebige klimatische Bedingung berechnen lässt. Möglich ist dies durch die Kalibrierung von Referenz­solar­zellen bei Standard-Test­bedingungen (STC) mit einer weltweit einmaligen Mess­unsicherheit von weniger als 0,4 Prozent. Da der Markt für erneuerbare Energien boomt, wird es künftig immer wichtiger, die Leistungs­fähigkeit der weltweit hergestellten Solar­zellen präzise zu vergleichen.

Abb.: In einem Labor der PTB werden Solarzellen mit Weißlicht und einfarbigem Licht bestrahlt und kalibriert. (Bild: PTB)

Solarzelle ist nicht gleich Solarzelle. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Wirkungs­grades. Das heißt, die Zelle eines Herstellers kann bei einer bestimmten Bestrahlungs­stärke eine höhere elektrische Leistung erzielen als die gleich­große Zelle eines anderen Herstellers. Während sich hierbei die elektrische Leistung relativ einfach messen lässt, ist die Bestimmung der Bestrahlungs­stärke deutlich schwieriger. Hierfür kalibriert die PTB Referenz­solar­zellen, deren Kurz­schluss­strom ein Maß für die Bestrahlungs­stärke darstellt. Der Kurz­schluss­strom ist die größt­mögliche Strom­stärke, die ein Modul oder eine Zelle erzeugen kann. Gemessen wird bei Standard-Test­bedingungen: Die Zelle bestrahlt man auf Basis eines genormten Sonnen­spektrums mit 1000 Watt pro Quadrat­meter und in der Solar­zelle herrschen 25 Grad Celsius.

Das Norm­spektrum, das „Air Mass 1.5“, entspricht der spektralen Zusammen­setzung von Licht, das in einem Winkel von 48,19 Grad einfällt. So kalibrieren Forscher Referenz­solar­zellen, die von der Industrie, technischen Überwachungs­institutionen oder Fach­laboren genutzt werden. Problematisch ist nur, dass beispielsweise das Spektrum des Sonnen­lichts je nach Tages- und Jahres­zeit sowie nach Atmosphären­zusammensetzung variiert. Ebenso weichen Temperatur, Einfalls­winkel und Bestrahlungs­stärke je nach Einsatzort der Solar­zellen von den oben genannten Standard­test­bedingungen ab. Insofern lassen sich bei STC nur schwer Ertrags­prognosen für die weltweit verwendeten Solarzellen ermitteln.

Daher hat die PTB ihren Solarzellen-Messplatz erweitert. Für die Vergleichs­messungen verwenden die Braunschweiger Wissenschaftler das sogenannte Differential-Spectral-Responsibility-(DSR-)Verfahren, das jüngst zum Laser-DSR-Verfahren weiter­entwickelt wurde. Damit lassen sich die Test­bedingungen an reale klimatische Bedingungen anpassen, beispiels­weise an Solarzellen-Temperaturen zwischen 15 und 75 Grad Celsius und eine Bestrahlungs­stärke von 0 Watt pro Quadratmeter bis über 1100 Watt pro Quadrat­meter. Zudem können die Forscher die Wellen­länge und den Einfalls­winkel des Lichts variieren. Alle diese Messungen erlauben schließlich einen Vergleich der Leistungs­fähigkeit verschiedener Solar­zellen. So können Betreiber von Solar­anlagen künftig von Kalibrier­laboratorien prüfen lassen, welches Modul für das jeweilige Klima vor Ort am besten geeignet ist.

Bei herkömmlichen, lampenbasierten DSR-Verfahren zerlegt man Weißlicht mittels eines Mono­chromators in einzelne Wellen­längen und lenkt es in kleinen Portionen durch eine Optik auf die Solar­zelle. So lassen sich alle Farben von ultra­violettem bis infra­rotem Licht einstellen. Gleichzeitig wird die Zelle mit weißem Licht bestrahlt, denn nur so werden die für die Messung benötigten 1000 Watt pro Quadrat­meter erreicht. Doch hierbei entsteht ein Problem: Der durch Weiß­licht erzeugte Strom ist um bis zu eine Milliarde Mal größer als der durch einfarbiges Licht erzeugte Strom. Bei den Messungen stört dann der große Strom das Signal des kleinen Stroms – ein Signal-Rausch-Problem.

Mittels des laserbasierten DSR-Verfahrens ist es den Wissenschaftlern in der PTB gelungen, den Störfaktor je nach Wellenlänge um das 100- bis 10.000-fache zu reduzieren. Damit verbessert sich die gesamte Mess­unsicherheit – auf den Rekordwert von weniger als 0,4 Prozent. Ein weiterer Vorteil: Bisher ließen sich nur Referenz­solar­zellen einer Größe von 20 × 20 Millimeter kalibrieren. Jetzt lassen sich Zellen mit bis zu 15 × 15 Zentimeter (6 Zoll) kalibrieren. Von diesem Fortschritt werden vorerst hauptsächlich die Kalibrier­laboratorien profitieren, letztlich aber auch die Technologie. „Denn eine funktionierende globale Kalibrier­infra­struktur ist notwendig für den Erfolg einer Technologie auf dem Welt­markt“, ist sich Ingo Kröger, Mitarbeiter in der Arbeits­gruppe Solarzellen in der PTB, sicher.

PTB / DE

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