Eine ungewöhnlich langlebige Supernova
Sternexplosion könnte neue Erkenntnisse über extrem massereiche Sterne liefern.
Einzelsterne mit mehr als der achtfachen Sonnenmasse enden als Supernova des Typs II: Ihr Kern kollabiert – je nach Masse – zu einem Neutronenstern oder schwarzen Loch, während eine durch den Kollaps ausgelöste Stoßwelle die Außenschichten des Sterns aufheizt und ins Weltall ausstößt. In Abhängigkeit vom Verlauf der Lichtkurve unterscheiden Astronomen zwei Arten solcher Kernkollaps-Supernovae: Beim Typ II-L sinkt die Helligkeit nach dem Maximum linear ab, während sie beim Typ II-P zunächst eine etwa hundert Tage andauernde Plateauphase durchläuft. Welchen Verlauf eine Supernova nimmt, hängt dabei unter anderem von ihrer chemischen Zusammensetzung ab. Enthält sie relativ wenig schwere Elemente, so ist die Geschwindigkeit und Menge an ausgestoßener Materie größer. Die rasche Ausdehnung der Hülle kompensiert dann die Abnahme der Helligkeit aufgrund der Abkühlung und führt so zu der Plateau-Bildung.
Abb.: Die Supernova iPTF15hls (oben) zeigt im Vergleich zu einer normalen Supernova (unten) eine ungewöhnliche Lichtkurve: Sie ist heller, hält ihre Helligkeit über einen ungewöhnlich langen Zeitraum und zeigt eine Reihe zusätzlicher Ausbrüche. (Bild: S. Wilkinson, LCO)
Am 22. September 2014 registrierte die Palomar Transient Factory PTF, eine automatisch arbeitende Weitwinkelkamera für die Suche nach ungewöhnlichen Veränderungen am Himmel, eine Supernova im Sternbild „Großer Bär“. Die Helligkeit der Supernova blieb in den folgenden Wochen relativ konstant, daher klassifizierte das PTF-Team die Sternexplosion unter der Katalognummer iPTF14hls als Supernova des Typs II-P. Doch als die Helligkeit von iPTF14hls auch nach vier Monaten nicht abnehmen wollte, schlugen sie Alarm: Hier ging offensichtlich etwas Außergewöhnliches vor, was dringend weitere Beobachtungen des Phänomens erforderlich machte.
Jetzt stellt ein internationales Forscherteam um Iair Arcavi vom Las Cumbres Observatory in Kalifornien die weltweit zusammengetragenen Beobachtungen vor: Über sechshundert Tage lang zeigte die Supernova eine große Helligkeit, damit handelt es sich um die am längsten andauernde Supernova, die je beobachtet worden ist. Mehr noch, dem Plateau überlagert sind mehrere – mindestens vier – weitere Helligkeitsausbrüche, ein niemals zuvor bei einer Typ II-Supernova beobachtetes Phänomen. Historische Aufzeichnungen der Himmelsregion deuten zudem darauf hin, dass der Stern bereits 1954 einen starken Helligkeitsausbruch gezeigt hat.
Und auch in anderer Hinsicht unterscheidet sich iPTF14hls von früheren Supernovae. Wenn die ausgeworfene Materie einer Supernova im Weltall expandiert, geraten tiefere, sich langsamer bewegende Schichten ins Blickfeld der astronomischen Instrumente. Nicht so bei iPTF14hls: Hier blieb die spektroskopisch gemessene Geschwindigkeit konstant. Zudem sollte die expandierende Hülle abkühlen – auch hier Fehlanzeige: Die Temperatur änderte sich bei iPTF14hls nicht.
Arcavi und seine Kollegen haben versucht, die Beobachtungen mit verschiedenen Modellen der Explosion massereicher Sterne in Einklang zu bringen – ohne Erfolg. Am vielversprechendsten seien, so die Forscher, Modelle mit Sternmassen im Bereich von 95 bis 130 Sonnenmassen. Solche extrem massereichen Sterne könnten vor ihrer finalen Explosion mehrere instabile Phasen durchlaufen und dabei bereits supernovaähnliche Ausbrüche zeigen. Allerdings vermag auch ein solches Modell weder die konstante Temperatur noch den Helligkeitsausbruch von 1954 zu erklären. Es müsse also, so folgern Arcavi und seine Kollegen, einen bislang unbekannten Prozess geben, der am Ausstoß der Materie extrem massereicher Sterne beteiligt ist. Weitere Beobachtungen des Überrests der Supernova iPTF14hls, sowie die Suche nach ähnlichen Sternexplosionen könnten so Einblicke in die Entwicklung extrem massereicher Sterne liefern
Rainer Kayser
Weitere Infos
Weitere Beiträge
JOL