Einfädeln ins molekulare Nadelöhr
Prozesse ebnen Weg zu Nanomaschinen und neuen Katalysatoren
Prozesse ebnen Weg zu Nanomaschinen und neuen Katalysatoren
Nijmegen (Niederlande) – Im Körper wandern lange Molekülstränge durch winzige Membranporen in die Zellen hinein. Diesen Prozess wollen nun italienische und niederländische Wissenschaftler besser verstehen und kontrollieren lernen. So schleusten sie Polymerketten mit verschiedenen Längen durch ringförmige Makromoleküle. In der Zeitschrift "Science" präsentieren sie drei Mechanismen, die für die Entwicklung neuer Nanomaschinen und Katalysatoren hilfreich sein könnten.
Abb.: Schematische Darstellung des Einfädelungsprozesses. Links: Klassisches Einfädeln, rechts: Einfädeln von längeren Polymeren (Bild: Deutman et.al.)
"Um mehr Informationen über den Einfädelungsprozess zu bekommen, synthetetisierten wir eine Serie von Oligo- und Polymere, die an einem Ende offen und am anderen blockiert waren", schreiben Alexander B. C. Deutman von der Radboud Universität in Nijmegen und seine Kollegen von der Università di Roma Tor Vergate. Als Nadelöhr griffen sie zu einem Pseudorotaxan-Komplex, ein ringförmiges Makromolekül mit wenigen Nanometern Durchmesser. Um die Bewegungen der Polymerketten durch dieses Ringmolekül zu verfolgen, verwendeten sie eine spezielle Fluoreszenzspektroskopie (fluorescence quenching spectroscopy). Damit lässt sich über Wechselwirkungen zwischen den Molekülen, bei denen Lichtteilchen ausgesendet werden, die jeweilige Position der Ketten bestimmen.
Drei verschiedene Mechanismen in Abhängigkeit von der Länge der Polymerketten konnten Deutman und Kollegen so beobachten. Kurze Ketten mit fünf bis acht Atomen stoßen wie beim klassischen Einfädeln eines Fadens direkt durch das Nadelöhr des Ringmoleküls. Bei Längen zwischen 8 und 22 Atomen ändert sich dieses Verhalten. Die Polymerkette lagert sich zuerst außen an das Ringmolekül an und wird so fest positioniert. Danach biegt sich das freie Kettenende zurück und fädelt sich quasi von hinten mit einer konstanten Geschwindigkeit durch das molekulare Nadelöhr.
Bei noch längeren Polymeren aus 90 bis 440 Atomen lässt sich ein weiterer Prozess nachvollziehen. Die Kette faltet sich an der Öffnung des Nadelöhrs zu einem Doppelstrang und wandert mit der entstandenen Schlaufe voran durch das Ringmolekül. Erst danach faltet es sich wieder auseinander. Dieser Prozess ist vergleichbar mit dem Einfädeln von ausgefransten Fäden, die vorher zu einer Schlaufe zusammengelegt wird.
Mit diesen Ergebnisse hoffen sie Forscher, winzige Poren gezielt mit weiteren Molekülen füllen zu können. Lässt sich der Einfädelungsprozess später in seinem Ablauf genau kontrollieren, sind auch Linearmotoren im atomaren Maßstab vorstellbar. "Dieser Antrieb sollte eine Entwicklung von neuen, künstlichen Maschinen und Katalysatoren ermöglichen, in denen das Einfädeln exakt kontrolliert wird", schreiben Deutman und Kollegen.
Jan Oliver Löfken
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