Einfluss des Monsuns auf Europa
Atmosphärenforscher analysieren Transportphänomene in der oberen Troposphäre.
Der in diesem Jahr besonders starke asiatische Monsun hat erst vor Tagen in Indien für katastrophale Zerstörungen gesorgt. Doch seine Auswirkungen reichen weit über den indischen Subkontinent hinaus – etwa durch den Transport von Treibhausgasen. Diesen Transport untersucht ein Team von Atmosphärenforschern in den nächsten fünf Wochen im Rahmen der Messkampagne WISE.
Abb.: Höhenforschungsflugzeug HALO beim Auftanken zum ersten wissenschaftliche Flug von Oberpfaffenhofen mit voller wissenschaftlicher Instrumentierung. (Bild: M. Riese, FZJ)
Unter Leitung des Forschungszentrums Jülich und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz werden von der Basis im irischen Shannon aus insgesamt zwölf Messflüge mit dem Höhenforschungsflugzeug HALO durchgeführt. Sie sollen Aufschluss über Transport- und Mischungsvorgänge in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre geben: Die Luftschichten über dem Atlantischen Ozean spielen eine besondere Rolle für den Austausch von Luftmassen zwischen tropischen und gemäßigten Breiten.
Die Luftschichten im Grenzbereich zwischen Troposphäre und Stratosphäre beeinflussen unser Klima erheblich. „In diesem relativ kalten Bereich der Atmosphäre zwischen etwa 5 und 20 Kilometern Höhe wirken sich Änderungen in der Konzentration von Treibhausgasen wie Wasserdampf, Ozon und Methan besonders stark auf die Strahlungsbilanz der Atmosphäre aus“, erklärt der Jülicher Atmosphärenforscher Martin Riese. „Die Menge und Zusammensetzung dieser Treibhausgase über Europa werden stark durch den Import tropischer Luftmassen beeinflusst.“
So hat sich in den letzten Jahren beispielsweise gezeigt, dass der asiatische Monsun im Sommer und Herbst sich erheblich auf Treibhausgase und Schadstoffe in der unteren Stratosphäre außerhalb der Tropen auswirkt. „Dieser Zusammenhang wurde erstmals im Rahmen der HALO Kampagne TACTS im Jahr 2011 von unseren Mainzer Kollegen um Peter Hoor nachgewiesen. Herauszufinden, wie groß dieser Einfluss des asiatischen Monsuns auf die Zusammensetzung der Luft in der außertropischen unteren Stratosphäre – und damit auch über Europa – wirklich ist, ist deshalb ein wichtiges Ziel dieser Messkampagne“, so Riese. „Zur Verbesserung globaler Klimamodelle müssen solche globalen Transport- und Mischungsvorgänge besser verstanden werden.“
Bei den Messflügen werden speziell entwickelte Geräte eingesetzt, welche Fernerkundungsmethoden mit hochgenauen lokalen Messungen am Flugzeug kombinieren. Um die Messflüge optimal an die meteorologische Situation anzupassen, sind auch Atmosphärenmodellierer des Forschungszentrums vor Ort und nutzen hierzu Vorhersagen des Jülicher Atmosphärenmodells CLaMS. Ein zentrales Messgerät an Bord von HALO ist das Infrarotspektrometer GLORIA, das Wissenschaftler und Ingenieure des Forschungszentrums Jülich und des Karlsruher Instituts für Technologie KIT gemeinsam entwickelt und gebaut haben. Das Instrument erlaubt erstmals eine dreidimensionale tomographische Vermessung von Temperatur, Wolkenparametern und einer Vielzahl von Spurengasen in der Atmosphäre. „Es stellt quasi die Kombination einer räumlich hochauflösenden Kamera mit einem Infrarotspektrometer dar, welches die Wärmestrahlung der Atmosphäre analysiert und verschiedene Spurengase anhand ihres spektralen Fingerabdrucks identifiziert“, erklärt Atmosphärenforscher Martin Kaufmann.
GLORIA wurde bereits diesen Sommer erfolgreich eingesetzt: auf dem russischen Höhenforschungsflugzeug M55-Geophysica bei einer Messkampagne in Nepal im Bereich des Asiatischen Monsuns. Dadurch ergibt sich nun die einmalige Gelegenheit, die Lebenszyklen von Luftmassen von ihrer Quellregion bis in die untere außertropische Stratosphäre zu studieren. GLORIA dient außerdem als Prototyp für AtmoSat, ein gemeinsames Satellitenprojekt vom Forschungszentrum Jülich und KIT, welches Mitte Juli vom Wissenschaftsrat als herausragend bewertet wurde.
FZJ / JOL