01.06.2005

Einzelne Moleküle als Stromleiter

Kanadischen Physikern gelang es, den Stromfluss durch einzelne Styrol-Moleküle zu kontrollieren.


Einzelne Moleküle als Stromleiter

Kanadischen Physikern gelang es, den Stromfluss durch einzelne Styrol-Moleküle zu kontrollieren.

Edmonton (Kanada) - Schrumpfende Schaltkreise verlangen nach immer kleineren und zugleich zuverlässig Strom leitenden Strukturen. Erreichen Chipbauer heute schon Leiterbahnen mit Größen um die 65 Nanometer, könnte die noch filigranere Zukunft in der Stromleitung mit einzelnen Molekülen liegen. Kanadischen Physikern gelang es nun, den Stromfluss durch einzelne Styrol-Moleküle, deponiert auf einer dotierten Silizium-Elektrode, zu kontrollieren. Über ihre Ergebnisse berichten sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature".

„Wir fanden heraus, dass das molekulare Leitungsverhalten von der Aufladung der Silizium-Oberflächenatome abhängt“, erklärt Robert A. Wolkow von der University of Alberta in Edmonton. Zusammen mit seinen Kollegen setzte er bei Raumtemperatur Styrol-Monomere auf eine mit Arsen dotierte, hochreine Silizium-Oberfläche. Wie in früheren Versuchen mit Metallelektroden, zwischen denen einzelne Moleküle einen Stromfluss garantieren sollten, hängt das Leitungsverhalten stark von der Ausrichtung der Kontakt-Moleküle ab. Variieren diese Geometrien, veränderte sich auch der Stromfluss deutlich. Ein Effekt, der nur schwer kontrollierbar war.

Doch die Silizium-Styrol-Kontakte konnten Wolkow und Kollegen nun durch eine statische Aufladung der Silizium-Oberflächenatome besser in ihrem Verhalten steuern. Analog zu dem Aufbau eines Transistors konnten mit einer zusätzlichen "Gate"-Elektrode diese Silizium-Atome gezielt mit einer Ladung versehen werden. Die Styrol-Moleküle richteten sich dabei eher auf als im ungeladenen Zustand und zeigten ein zuverlässiges Leitungsverhalten. Mit einer Bias-Spannung von etwa 1,5 Volt lässt sich so die Stromleitung um den Faktor 120 erhöhen.

Beobachtungen mit einem Rastertunnelmikroskop und begleitende Berechnungen der Molekülorbitale lassen eine genauere Erklärung dieses Effekts zu. So begünstigt die elektrostatische Aufladung die Ausbildung einer kovalenten Bindung zwischen Styrol-Molekül und Silizium-Elektrode. Zu dieser Bindung trägt zum einen ein ungepaartes Elektron eines Kohlenstoffatoms des Styrols und eine so genannte "baumelnde" Bindung („dangling bond“) des dotierten Siliziums bei. Ohne elektrostatische Aufladung wird diese Strom leitende Verbindung deutlich seltener eingegangen.

Abb.: Erklärung siehe Text, die Pfeile markieren die so genannten „dangling bonds“ (Bildgröße: 15 x 15 nm 2) (Quelle: Piva et al.)

„Solche halbleitenden Elektroden erweiterten die Perspektive für einmolekulare Transportstrukturen wesentlich“, beurteilt Mark Ratner von der Northwestern University in Evanston die kanadischen Versuche. Doch obwohl diese kontrollierbaren, molekularen Drähte bei Raumtemperatur stabil sind, wird es noch viele Jahre brauchen, um sie in elektronische Schaltkreise integrieren zu können. Denn jeder Moleküldraht ist heute mehr oder weniger ein Einzelstück. Nicht zuletzt fehlt es an Techniken, um einzelne Moleküle massenhaft und dennoch exakt auf Oberflächen zu deponieren.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • Guisinger, N. P. et al. Nanoletters 4, 55 (2004). 
  • Tong, X., DiLabio, G. A. & Wolkow, R. A. Nanoletters 4, 979 (2004). 
  • Hersam, M. C., Guisinger, N. P. & Lyding, J. W. Nanotechnology 11, 70 (2000). 
  • Rakshit, T. et al. Nanoletters 4, 1803 (2004).

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