26.10.2021 • Materialwissenschaften

Eisenforschung: Wie Verunreinigungen Ausscheidungen an Korngrenzen beeinflussen

Analysen erklären das Versagen von Korngrenzen in bestimmten Werkstoffen.

Obwohl Eisen seit Jahrtausenden bekannt und seit der Eisenzeit verarbeitet wird, ist bislang sehr wenig über lokale Phänomen an den Korngrenzen bekannt, die verschiedene Kristallite trennen. Darüber hinaus ist die Wechsel­wirkung zwischen verschiedenen im Material gelösten Elementen nach wie vor ein Rätsel. Was passiert, wenn zwei oder mehr Elemente an die Korngrenze diffundieren und sich dort absetzen? Wie inter­agieren sie mitein­ander und wie beeinflussen sie die Eigen­schaften der Grenz­flächen? Forscher des Max-Planck-Instituts für Eisen­forschung analy­sierten jetzt die Prozesse der Ko-Segregations-Effekte in bcc-Eisen­korn­grenzen. Sie konzen­trierten sich dabei auf die Auswirkungen von Kohlenstoff und Bor, die als typische Verun­reini­gungen in fast allen techno­logisch relevanten Materialien vorkommen.

Abb.: Die Aufnahme zeigt die struk­tu­relle An­ord­nung der Atome an der...
Abb.: Die Aufnahme zeigt die struk­tu­relle An­ord­nung der Atome an der unter­suchten Korn­grenze. (Bild: A. Ahmadian et al. / Springer Nature)

Das Forscherteam kombinierte Raster­trans­missions­elektronen­mikro­skopie, energie­dispersive Spektro­skopie und Atom­sonden­tomo­grafie, um die atomare Struktur und lokale Zusammen­setzung einer bestimmten Korngrenze zu beobachten. Sie kombinierten ihre experi­men­tellen Beobachtungen mit Berechnungen auf Basis der Dichte­funktional­theorie, die von Kollegen am Materials Center Leoben in Österreich durchgeführt wurden, um die zugrunde­liegenden Ausscheidungs­mechanismen zu klären.

„Wir fanden heraus, dass sich die Atome regel­mäßig rauten­förmig an der Korngrenze anordnen. Über­raschender­weise deuten unsere Experimente zur Zusammen­setzung der Korngrenze darauf hin, dass Aluminium nicht angereichert, sondern vermindert wird – ganz im Gegensatz zu Ergebnissen früherer theoretischer Studien“, erklärt Ali Ahmadian vom MPIE. Das Team beobachtete und simulierte, wie sich Kohlenstoff- und Borverun­reini­gungen an der Korngrenze ablagerten und Aluminium abstießen.

„Unsere Ergebnisse könnten erklären, warum Korngrenzen in bestimmten Werkstoffen versagen. Und auch wie sich die Ausscheidung schädlicher Elemente abmildern lässt, um Material­versagen zu verhindern. Mit unseren Modellierungs­werkzeugen könnten wir in Zukunft sogar Vorhersagen über die Segregation von Korngrenzen und die Grenzflächen­eigen­schaften treffen, um die Material­entwicklung zu steuern. Dies ist für die Entwicklung von Hoch­leistungs­werk­stoffen absolut notwendig“, sagt Christian Liebscher, Leiter der Gruppe „Advanced Transmission Electron Microscopy“ am MIE.

Die Wissenschaftler wollen ihre Ergebnisse nun auf komplexere Material­systeme anwenden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Zink, das für Flüssig­metall­versprödung verantwortlich ist, die in vielen Eisen­basis­legierungen und Stählen zu kata­stro­phalem Material­versagen führt. Das Ziel ist es, Legierungs- oder Verarbeitungs­konzepte zu finden, die die Wirkung von Zink auf Korngrenzen abschwächen.

MPIE / RK

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