11.12.2018

Eisenreiche Scheibchen im Halbleiter

Laserbeschuss führt zur Bildung un­er­war­teter Struk­turen.

Kristallgitter zeigen zumeist eine ausgesprochene Symmetrie – die Atome sind in jede Richtung gleich ange­ordnet. Dieses Ver­halten hatten Forscher des Helm­holtz-Zentrums Dresden-Rossen­dorf, der Uni Warschau und der Polnischen Akademie der Wissen­schaften von einem Kristall erwartet, den sie mit einem spezi­ellen Ver­fahren herge­stellt hatten. Es handelt sich um eine Ver­bin­dung aus dem Halb­leiter Indium­arsenid, gespickt mit etwas Eisen. Doch das Material hielt sich nicht an die perfekte Symme­trie. Das Eisen bildete im Kristall zwei­dimen­sio­nale, scheiben­förmige Struk­turen aus, die dem Material eine präg­nante Eigen­schaft ver­liehen: Es wurde magne­tisch. Lang­fristig könnte das Ergebnis für das Ver­ständnis von Supra­leitern wichtig sein.

Abb.: Mit Hilfe von Lasern konnten Forscher aus Deutsch­land und Polen eine...
Abb.: Mit Hilfe von Lasern konnten Forscher aus Deutsch­land und Polen eine unge­wöhn­liche Ver­bin­dung aus Indium­arsenid und Eisen her­stellen. Anders als erwartet bildete die Ver­bin­dung – hier als schwarze Streifen zu erkennen – in der Kristall­ober­fläche ent­lang einer Achse eine lamellen­artige Struktur. (Bild:: S. Zhou, HZDR)

Wir haben in unserem Ionenstrahlzentrum schnelle Eisen-Ionen auf einen Kristall aus Indium­arsenid geschossen“, erläutert Sheng­qiang Zhou vom HZDR. „Dabei drang das Eisen etwa hundert Nano­meter tief in die Kristall­ober­fläche ein.“ Die Eisen-Ionen blieben dabei in der Minder­heit – sie machten nur wenige Prozent in der dünnen Ober­flächen­schicht aus. Mit einem Laser feuerten die Forscher anschlie­ßend Licht­pulse auf den Kristall. Da die Blitze ultra­kurz waren, schmolz nur die Ober­fläche auf. „Für viel weniger als eine Mikro­sekunde waren die ober­sten hundert Nano­meter eine heiße Suppe, wogegen der Kristall darunter kalt und schön geordnet blieb“, beschreibt Zhou das Resultat.

Unmittelbar nach dem Laserbeschuss kühlte die Kristall­ober­fläche wieder ab. Dabei geschah das Unge­wöhn­liche: Zwar nahm die Ober­fläche grund­sätz­lich wieder die Gitter­struktur von Indium­arsenid ein. Aber die Abküh­lung ver­lief derart rasant, dass den Eisen­atomen nicht genügend Zeit blieb, um reguläre Gitter­plätze im Kristall zu finden und zu besetzen. Statt­dessen taten sich die Metall-Atome mit ihres­gleichen zusammen und bildeten bemerkens­werte Struk­turen – zwei­dimen­sio­nale, parallel ange­ord­nete Scheib­chen.

„Dass sich die Eisenatome in dieser Weise angeordnet haben, war eine Über­raschung“, sagt Zhou. „Wir konnten erst­mals welt­weit solch eine lamellen­artige Struktur erzeugen.“ Als die Wissen­schaftler das neu­ge­schaf­fene Material näher unter­suchten, stellten sie fest, dass es durch den Ein­fluss des Eisens magne­tisch geworden war. Außer­dem gelang es ihnen, den Prozess theo­retisch zu erfassen und per Computer zu simu­lieren. „Die Eisen-Atome ordneten sich des­halb zu einer Scheib­chen­struktur, weil dies der ener­ge­tisch günstigste Zustand war, den sie in der Kürze der Zeit ein­nehmen konnten“, fasst Tomasz Dietl von der Polnischen Akademie der Wissen­schaften das Resultat der Berech­nungen zusammen.

Relevant könnte das Ergebnis zum Beispiel für das Verständnis von Supra­leitern sein. „Lamellen­artige Struk­turen finden sich auch in vielen supra­leitenden Materi­alien“, erläutert Zhou. „Unsere Material­ver­bin­dung könnte somit als Modell­system dienen und dabei helfen, das Ver­halten von Supra­leitern besser zu ver­stehen.“ Dadurch lassen sich dann viel­leicht auch deren Eigen­schaften opti­mieren: Damit Supra­leiter funktio­nieren, muss man sie heute auf ver­gleichs­weise tiefe Tempe­ra­turen von beispiels­weise minus 200 Grad Celsius kühlen. Das Ziel vieler Forscher ist, diese Tempe­ra­turen schritt­weise zu erhöhen – bis hin zu einem Traum­material, das bereits bei gewöhn­lichen Umgebungs­tempe­ra­turen seinen elek­trischen Wider­stand ver­liert.

HZDR / RK

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