02.08.2010

Eiskernbohrung in Grönland erreicht Felsbett

NEEM-Projekt soll Rückschlüsse auf Klimabedingungen und Höhe des Meeresspiegels in der letzten Warmzeit erlauben.

NEEM-Projekt soll Rückschlüsse auf Klimabedingungen und Höhe des Meeresspiegels in der letzten Warmzeit erlauben.

Am 27. Juli 2010 hat die Eiskerntiefbohrung NEEM (North Greenland Eemian Ice drilling) auf dem grönländischen Eisschild das Felsbett in einer Tiefe von 2537,36 Metern erreicht. Forscher aus 14 Ländern haben damit nach fünf Jahren Arbeit ein wichtiges Ziel erreicht: Es ist ihnen erstmals gelungen, die Eisschicht aus der kompletten letzten Warmzeit, dem Eem-Erdzeitalter, vor 130 000 bis 115 000 Jahren zu durchdringen. Aus den Ergebnissen erhoffen sie sich Rückschlüsse auf die Folgen des Klimawandels.

Abb.: Der Eiskernbohrer wird ins Eis hinab gelassen um Proben zu entnehmen. (Bild: Sepp Kipfstuhl, Alfred-Wegener-Institut)

„Wir erwarten, dass sowohl genetisches Material als auch Pollen im Eis zu finden sind und uns mehr über die Pflanzen erzählen, die auf Grönland vor vielleicht mehr als drei Millionen Jahren lebten, bevor Grönland vereiste“, erläutert die NEEM-Projektleiterin Dorthe Dahl-Jensen vom Niels-Bohr-Institut an der Universität Kopenhagen. „Das Eem ist deshalb so bedeutsam, da es zu der Zeit drei bis fünf Grad Celsius wärmer war als heute. Der Meeresspiegel lag damals fünf Meter höher. Daher erlaubt die Eem-Warmzeit den besten Vergleich mit möglichen zukünftigen Klimazuständen“, berichtet Heinrich Miller vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft, der die deutsche Beteiligung am Projekt koordiniert.

Mehr als 300 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben in den letzten Jahren im NEEM-Camp gearbeitet, insbesondere auch viele junge Nachwuchswissenschaftler. Sie untersuchen schnelle Klimaschwankungen mit Hilfe modernster Techniken. So werden aus den stabilen Isotopen in Wassermolekülen die Temperaturänderungen und die Feuchtigkeitsquellen vergangener Zeiten abgeleitet. Die in den Luftbläschen im Eis eingeschlossenen Treibhausgase und biologischen Spurenstoffe lassen uns die natürliche Variabilität und Rückkopplungsprozesse im Kohlenstoffkreislauf besser verstehen. Mittels spezieller und entlang des Eiskerns kontinuierlicher Analyseverfahren lösen die Wissenschaftler sogar Jahresschwankungen im Klima auf.

Die Messungen und Analysen erfolgen vor Ort in einem Tunnel sechs Meter unter der Schneeoberfläche. Er gehört zum NEEM-Camp, einem der am schwersten zugänglichen Orte auf dem grönländischen Inlandeis. Neueste Laserinstrumente für die Bestimmung der Wasserisotope und Treibhausgase, die kontinuierliche Schmelzwasseranalyse von gleichzeitig mehr als zehn Spurenstoffen und modernste Geräte zur Untersuchung der Eiskristalle zählen zu den eindrucksvollsten Geräten.

Hauptziel des NEEM-Projektes ist es, mehr über die Eem-Warmzeit zu lernen, die in vielerlei Hinsicht dem wärmeren Klima gleicht, das uns in naher Zukunft erwartet. Der Blick in die Vergangenheit gibt Antworten auf grundlegende Fragen, die auch für unser künftiges Klima von größter Bedeutung sind:

  • Wie groß war die grönländische Eiskappe vor 120.000 Jahren, als die globale Temperatur zwei bis drei Grad über der heutigen lag?
  • Wie viel trug das Abschmelzen der grönländischen Eiskappe zum Anstieg des Meeresspiegels bei?
  • Wie schnell erfolgte der Meeresspiegelanstieg? 

„Die Ergebnisse von NEEM tragen zukünftig dazu bei, Klimaprognosen zu verbessern, vor allem aber unsere Vorhersagen über die Geschwindigkeit und die Höhe des Meeresspiegelanstiegs einzugrenzen“, betont Miller die Bedeutung des NEEM-Projekts.

Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung/DPA/AL


Weitere Infos:

  • Website des NEEM-Bohrcamps, mit Tagebüchern und Bildern:
    www.neem.ku.dk
  • Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven:
    www.awi.de/de/

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