17.03.2005

Elektronen einzeln zählen

Physiker konnten erstmals die durch ein einziges Elektron verursachte Stromänderung direkt messen.


Elektronen einzeln zählen

Physiker konnten erstmals die durch ein einziges Elektron verursachte Stromänderung direkt messen.

Göteborg (Schweden) - Aufgereiht in eine lange Schlange lassen sich Elektronen einzeln zählen. Schwedische Physiker bauten dazu nun eine Art Laufband für die winzigen Ladungsträger und konnten erstmals die Stromänderung, verursacht durch ein einziges Elektron, direkt messen. Dieses Experiment, das sie in der Fachzeitschrift "Nature" beschreiben, belegt auf eindrucksvolle Weise den Quantencharakter der Elektronen. Darauf aufbauend lassen sich empfindliche Thermometer ohne eine meistens notwendige Eichung und Module für digitale Berechnungen mit einzelnen Quanten entwickeln.

"Dieses Experiment repräsentiert einen fundamental neuen Weg, um extrem kleine Ströme zu messen", schreiben Jonas Bylander und seine Kollegen von der Chalmers Technischen Universität im schwedischen Göteburg. Mit einem nanostrukturierten Aufbau aus einem Supraleiter schufen sie einen eindimensionalen Durchgang für Elektronen. Abgestoßen durch die Coulomb-Kräfte der jeweiligen negativen Ladung reihten sich die Teilchen wie an einer Kette auf diesem Elektronen-Laufband auf. Diese so genannte "Wigner-Kristall" ist im Prinzip vergleichbar mit bereits verwirklichten Ein-Elektron-Transistoren.

Bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt von minus 273,15 Grad Celsius wird dieses "Laufband" mit extrem kleinen Strömen im Femtoampère-Bereich in Bewegung gesetzt. An insgesamt 50 Verbindungsstellen können die Elektronen zwischen zwei Leitern durch eine hauchdünne Isolatorschicht tunneln. Doch gelingt dies jeweils nur einem einzigen Ladungsträger. An diesen Tunnel-Stationen griff Bylanders Team nun den messbaren, oszillierenden Strom mit einer Zeitauflösung entsprechend einer Frequenz von 10 Megahertz ab. Zu dem konstanten, angelegten Strom addierte sich im Fall eines getunnelten Elektrons der Strom des einzelnen Ladungsträgers dazu. Im Abstand von Mikrosekunden zeichnete ihr Messgerät diese Stromschwankungen auf. Die Empfindlichkeit bewegte sich dabei zwischen einem Picoampère und fünf Femtoampère. Über die fundamentale Beziehung, das Strom gleich dem Produkt aus Elementarladung und Frequenz ist, konnten die Forscher direkt auf die Ladung des Elektrons zurückschließen.

"Bei höheren Temperaturen kann Bylanders Aufbau auch als absolutes Thermometer arbeiten", berichtet Dmitri V. Avenin von der Stony Brook University im Staat New York in einem Kommentar, der ebenfalls in "Nature" veröffentlicht wurde. Dieses benötigte keine Kalibrierung, da alle Messwerte direkt auf Naturkonstanten und fundamentale Beziehungen zwischen diesen zurückführbar sind. "Und weitere Fortschritte auf dieser Basis könnten zur Entwicklung von skalierbaren Modulen für Quanteninformations-Prozesse führen", so Avenin. So erfolgreich dieser "Elektronenzähler" unter Laborbedingungen bei tiefen Temperaturen arbeitet, ist es bis dahin aber noch ein weiter Weg.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • Ben-Jacob, E. & Gefen, Y. New quantum oscillations in current driven small junctions. Phys. Lett. A 108, 289 (1985). 
  • Averin, D. V. & Likharev, K. K. Coulomb blockade of single-electron tunneling, and coherent oscillations in small tunnel junctions. J. Low Temp. Phys. 62, 345 (1986). 
  • Likharev, K. K., Bakhvalov, N. S., Kazacha, G. S. & Serdyukova, S. I. Single electron tunnel junction array: An electrostatic analog of the Josephson transmission line. IEEE Trans. Magn. 25, 1436 (1989). 
  • Delsing, P., Likharev, K. K., Kuzmin, L. S. & Claeson, T. Time correlated single electron tunneling in one-dimensional arrays of ultrasmall tunnel junctions. Phys. Rev. Lett. 63, 1861 (1989). 
  • Flensberg, K., Odintsov, A. A., Liefrink, F. & Teunissen, P. Towards single-electron metrology. Int. J. Mod. Phys. B 13, 2651

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