Elektronen in Superzeitlupe
Ultraschnelle Laserpulse ermöglichen Attosekunden-Stroboskopie von Elektronenbewegungen.
Elektronen sind flink; so flink, dass es schwer ist, sie zu fotografieren. Das Problem hat man zwar mittlerweile im Griff, doch erhält man bislang nur einzelne Schnappschüsse von den Elementarteilchen. Wie und wohin sich Elektronen über einen zusammenhängenden Zeitraum orientieren, ist bis heute nicht zu beobachten. Jetzt hat ein Team vom Labor für Attosekundenphysik (LAP) an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching in Zusammenarbeit mit Forschern der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine Laserkonfiguration entwickelt, mit deren Hilfe es möglich wird, die Bewegungen von Elektronen wie in einem Film zu verfolgen.
Abb.: Ein Laserpuls (rot von rechts unten kommend) trifft auf ein Plasma aus Argon-Edelgasatomen. Diese nehmen die Lichtenergie auf und geben sie als Attosekunden-Pulszügen wieder ab. Ein spezieller Spiegel (links oben) filtert über eine kleine Öffnung diese extrem ultraviolette Strahlung heraus.. (Bild: T. Naeser)
Eine besondere Spielart der Fotografie sind Stroboskopaufnahmen. Dabei löst der Fotograf mehrmals einen Blitz aus, während er ein Bild nur einmal belichtet. In der Ultrakurzzeitphysik schaut man etwas neidisch auf solche konventionellen Stroboskopaufnahmen. Denn hier ist es bislang nur möglich, ultraschnelle Teilchen – etwa Elektronen – in Einzelbildern festzuhalten. Diese werden mithilfe von Lichtblitzen erzeugt, die über Laserpulse produziert werden. Man erhält dabei keinen Ablauf einer kompletten Bewegung, denn die quantenmechanischen Bewegungen von Elektronen sind attosekundenschnell und damit zu flink, um scharfe Schnappschüsse zu erhalten. Auch Elektronenkonfigurationen ändern sich innerhalb von Attosekunden.
Mit einer neuen Technik, die ein Team von Laserphysikern um Ferencz Krausz und Ioachim Pupeza entwickelt hat, könnte es jetzt möglich werden, die Bewegungen von Quantenteilchen detaillierter und zeitaufgelöst aufzuzeichnen, ähnlich wie bei konventionellen Stroboskopaufnahmen.
Die Physiker haben es geschafft, mit Hilfe eines Hochleistungs-Ytterbium-Faserlasers 78 Millionen Attosekunden-Pulszüge pro Sekunde zu erzeugen. Jeder Pulszug besteht aus etwa zwanzig einzelnen Attosekunden-Lichtblitzen. Die Laserpulse, aus denen sie entstanden, wurden zuerst in einem optischen Resonator kohärent überlagert. Damit konnten die Forscher die Intensität der rund fünfzig Femtosekunden langen Laserpulse um das 250-fache erhöhen und zugleich deren Stabilität verbessern.
Im Experiment ließen die Forscher die Laserpulse auf ein Plasma aus Argon-Edelgasatomen treffen. Die Elektronen der Argonatome nahmen die Lichtenergie auf und gaben sie anschließend in Form von Attosekunden-Lichtblitzen wieder ab. Durch eine raffinierte Methode wurden die Pulse aus dem Resonator ausgekoppelt: Die Forscher filterten sie durch ein winziges Loch in einem Spiegel heraus, das gerade so groß war, dass die Ausbreitung der Attosekunden-Lichtblitze kaum gestört wurde.
Auf diese Weise erzeugten die Forscher ebenso so viele Attosekunden-Pulszüge pro Sekunde, wie der Ytterbium-Faserlaser Pulse emittierte, also 78 Millionen pro Sekunde. Diese Attosekunden-Lichtblitze befinden sich mit Wellenlängen zwischen 10 und 100 Nanometer im extremen ultravioletten Spektrum des Lichts. Zudem bewegen sich die Lichtteilchen in den Blitzen kohärent und verfügen mit hundert Elektronenvolt über eine bisher bei solchen Repetitionsraten noch nicht erreichte Energie.
All diese Faktoren haben das Potential, die Erforschung des Mikrokosmos mit Hilfe von Lichtteilchen zu revolutionieren: Durch die extrem schnelle Datenaufnahme unter stabilen Bedingungen wird es erstmals möglich, den Weg von Elektronen, ähnlich wie bei Stroboskopaufnahmen, zu verfolgen.
Den eingeschlagenen Weg wollen die Wissenschaftler weiterführen, hin zu noch höheren Leistungen der Laserpulse, deren Dauer zudem verkürzt werden soll. Damit wollen sie dann isolierte Attosekundenblitze statt der Pulszüge erzeugen. Des weiteren soll die Energie der Photonen in den aus den Laserpulsen produzierten Attosekunden-Lichtblitzen gesteigert werden bis ins sogenannte Wasserfenster, also auf 280 Elektronenvolt. Dies würde erstmals die Mikroskopie von biologischen Proben mit hoher Zeitauflösung, also in Filmen, ermöglichen.
LMU / DE