14.06.2012

Elektronen-Tomografie für die dritte Dimension

Über die Phasengeschwindigkeit von gestreuten Elektronen lässt sich auf die Höhe von Atomebenen in Graphen schließen.

Elektronenmikroskope liefern in der Regel zweidimensionale Aufnahmen in hoher Auflösung. Für einen 3D-Blick sind bisher mindestens zwei Messungen aus leicht verschiedenen Betrachtungswinkel nötig, um räumliche Bilder berechnen zu können. Leichter und genauer könnte es in Zukunft mit einer neuen Art der Elektronen-Tomografie gehen, bei der die Phasengeschwindigkeit der von der Probe zurück gestreuten Elektronen analysiert wird.

Abb.: Messungen der Atomabstände in einer Graphen-Struktur. (Bild: Chen, National Tsing Hua University, Nature)

„Dieser Ansatz ist ähnlich zum Big-Bang-Konzept in der Kosmologie, das von einem linearen Zusammenhang zwischen Abstand und Geschwindigkeit entfernter Galaxien ausgeht“, sagt Fu-Rong Chen von der Nationalen Tsing Hua Universität in Taiwan. Gemeinsam mit Dirk Van Dyck von der Universität Antwerpen betrachtete er nun in einem Elektronenmikroskop gestreute Elektronen statt gigantischer Galaxien. So wie Astronomen aus der Geschwindigkeit von Galaxien auf deren Entfernung von der Erde schließen können, kann die Phasengeschwindigkeit Hinweise auf die Höhe von einzelnen Atomen liefern.

Ihre Methoden wandten die beiden Forscher auf hauchdünne Kohlenstoffschichten aus Graphen an, begleitet von theoretischen Simulationen der Elektronen-Streuprozesse. Ihre Abschätzungen zeigten, dass in einem engen Bereich um ein einzelnes Atom als Streuzentrum ein linearer Zusammenhang zwischen Phasengeschwindigkeit und Höhenabstand vom streuenden Atom besteht. „Wenn ein Atom als punktartiges Objekt angenommen wird, hängen Phasengeschwindigkeit und Phase linear voneinander ab“, sagt Chen. So könne der Abstand zwischen Atom und Beobachtungsebene über ein lineares Abschätzen bestimmt werden.

Abb.: Analogie zwischen der Expansion des Universums und dem Streuverhalten von Elektronen. Über die Messung von Geschwindigkeiten bzw. Phasengeschwindigkeiten kann auf den Abstand von Galaxien bzw. Atomen geschlossen werden. (Bild: Chen, National Tsing Hua University, Nature)

Genau diese Vermutung konnten Chen und Van Dyck mit ihrem Experiment bestätigen. Über die Analyse der gestreuten Elektronen konnten sie eindeutig die verschiedenen, nur wenige Hunderstel Nanometer voneinander entfernten Ebenen der Kohlenstoffatome im Graphen bestimmen. Aus mehreren solcher Einzelmessungen ließ sich darauf ein komplettes, dreidimensionales Bild der Graphen-Strukturen zusammensetzen.

Im Vergleich zu anderen Mikroskopie-Verfahren, die aus mehreren Aufnahmen 3D-Ansichten liefern können, ermöglicht diese Methode eine höhere Ortsauflösung bis in den Sub-Angström-Bereich. Nach dem Versuchen mit Graphen planen die Forscher, die Leistungsfähigkeit ihrer Methode mit weiteren planar strukturierten Materialien wie Bornitrid oder Molybdändisulfid zu überprüfen. Sollten diese Nachweise erfolgreich sein, lockt ein Mikroskopie-Verfahren, mit dem sich schneller als bisher 3D-Bilder in sehr guter atomarer Auflösung aufnehmen lassen.

Jan Oliver Löfken

PH

Anbieter des Monats

Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH

Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH

Das Unternehmen wurde 1989 von Dr. Karl Eberl als Spin-off des Walter-Schottky-Instituts der Technischen Universität München gegründet und hat seinen Sitz in Weil der Stadt bei Stuttgart.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen