10.11.2022

Elektronen und Photonen im Doppelpack

Genaue Analyse der resonanten Zwei-Photonen-Ionisation von Helium.

Physiker des Heidelberger Max-Planck-Instituts für Kernphysik haben mit einer neuen experi­mentellen Methode die resonante Zwei-Photonen-Ionisation von Helium mit verbes­serter spektraler Auflösung und winkel­aufgelöst untersucht. Hierzu nutzten Sie ein am Institut entwickeltes Reaktions­mikroskop, nun kombiniert mit einem hochauflösenden Photonenspektrometer für extrem-ultraviolettes Licht (EUV). Die Messungen wurden am Hamburger Freie-Elektronen-Laser (FLASH) durchgeführt, eine brillante Strahlungs­quelle für intensive EUV-Laserblitze. Damit lassen sich die Ereignisse aus jedem einzelnen Laserblitz hinsichtlich der Photonen­energie analysieren und ergeben spektral hoch­aufgelöste Datensätze.

Abb.: Spektrum der Photonen unsortiert (o.) und nach der Peak-Position...
Abb.: Spektrum der Photonen unsortiert (o.) und nach der Peak-Position sortiert. (Bild: MPIK)

Helium als das einfachste und leicht verfügbare Mehrelektronen­system eignet sich in idealer Weise für grundlegende theoretische und experimentelle Studien. Die gegenseitige elektrische Abstoßung der beiden Elektronen spielt hier eine wesentliche Rolle – sie trägt mit einem guten Drittel zur gesamten Bindungs­energie bei. Von besonderem und funda­mentalen Interesse ist die Wechselwirkung mit Photonen. Die Forschenden aus den Gruppen um Christian Ott und Robert Moshammer in der Abteilung von Thomas Pfeifer haben am Freie-Elektronen-Laser FLASH des Desy in Hamburg die resonante Zwei-Photonen-Ionisation von Helium detailliert untersucht. In diesem nicht­linearen Prozess absorbieren beide Elektronen zugleich zwei extrem-ultraviolette Photonen und bilden einen doppelt angeregten Zustand, in welchem sich anschaulich beide Elektronen auf einer großen Umlaufbahn um den positiv geladenen Heliumkern befinden.

Der korrelierte Paartanz der Elektronen ist instabil und ihre gegen­seitige Abstoßung bewirkt, dass eines das Atom verlässt, während das andere in den Grundzustand des nun positiv geladenen Helium-Ions zurückfällt – eine Auto­ionisation. Er tritt auf, wenn die Summenenergie der Photonen gerade der diskreten Anregungs­energie entspricht, also Resonanz vorliegt. Für das Verständnis erweist es sich als vorteilhaft, dass die Photonen praktisch keinen Impuls auf das Atom übertragen, wohl aber einen Drehimpuls, der wiederum die Winkelverteilung des Elektrons beeinflusst. Für eine detaillierte Messung nutzten die Forschenden ein Reaktions­mikroskop (REMI), welches einen kinematisch voll­ständigen Nachweis sowohl der Photo­elektronen als auch der Helium-Ionen erlaubt.

Es musste aber noch eine grund­sätzliche Schwierigkeit überwunden werden: Der Freie-Elektronen-Laser liefert zwar ausreichend intensive Ultraviolett­strahlung, aber die Energie der Photonen hat eine recht große Bandbreite und der Energie­bereich höchster Intensität schwankt zudem von Laserblitz zu Laserblitz. Gerade diese Eigenschaft wurde aber nun ausgenutzt: „Wir haben mit einem Spektro­meter die Energie­verteilung der Photonen in jedem einzelnen Schuss vermessen und anschließend nach der Photonen­energie mit der höchsten Intensität (Peak-Position) sortiert“, erläutert Michael Straub. „Synchonisiert mit den REMI-Signalen gewinnen wir somit spektral hochauf­gelöste Datensätze, digital durchstimmbar über die gesamte Bandbreite.“

Die Resonanz wurde mit diesem Trick aufgelöst und die Winkel­verteilung der Photo­elektronen in der Resonanz­vermessen. Im direkten Vergleich mit theo­retischen Rechnungen aus der Gruppe von Chris Greene (Purdue University) ergab sich eine gute Übereinstimmung, im Detail aber auch Abweichungen. Ein Erklärungs­ansatz sind geringe Beiträge aus nicht­resonanter Ionisation durch einzelne Photonen doppelter Energie, die etwa ein Prozent des FLASH-Photonen­flusses ausmachen. „Diese Ergebnisse und die neu entwickelte experimentelle Methodik eröffnen einen vielver­sprechenden Weg zur Erforschung fundamentaler Wechsel­wirkungen von wenigen Photonen mit wenigen Elektronen“, fasst Gruppen­leiter Christian Ott die Tragweite der Arbeit zusammen.

MPIK / JOL

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