28.09.2015

Elektronenspins im Visier

Experimente liefern neue Erkenntnisse zur Spin-Kaloritronik.

Ein Experiment an der Tohoku Universität in Japan legte 2008 den Grundstein für das Forschungs­gebiet Spin-Kalori­tronik, das eine effektivere und energie­sparende Daten­ver­arbeitung in der Informations­technologie zum Ziel hat. Zwar wurden seither viele neue spin­kalorische Effekte erforscht, doch das japanische Schlüssel­experiment ließ sich nicht wiederholen. Forscher der Uni Bielefeld haben dafür jetzt eine Erklärung gefunden. Mit einer neu angewandten Mess­methode haben sie außerdem das experimentelle Repertoire in der Spin-Kalori­tronik erweitert.

Abb.: Die Probe ist bei diesem Versuchsaufbau zwischen die Kupferblöcke gespannt. Einer ist heiß, der andere kalt. Die Spulen erzeugen das Magnetfeld, die Kontaktnadeln messen die Spannung. (Bild: U. Bielefeld)

Neben der elektrischen Ladung besitzen Elektronen einen Eigen­dreh­impuls, der Spin genannt wird. Der Spin eines Elektrons erzeugt ein magnetisches Moment und beeinflusst den Spin der benach­barten Elektronen in einem Fest­körper. In bestimmten Materialien lassen sich so magnetische Signale durch einen Fest­körper schicken, ohne dass sich die Elektronen selbst bewegen. Weil hier keine elektrische Ladung wie beim elektrischen Strom transportiert, sondern der Spin als Information weiter­gegeben wird, nennt man den Vorgang Spinstrom. „Da die Elektronen sich nicht selber bewegen, entsteht bei der Signal­weitergabe weniger Wärme – das ist ein Vorteil gegenüber elektrischem Strom“, sagt Daniel Meier von der Uni Bielefeld. Meier und seine Kollegen erzeugen reine Spinströme in magnetischen Materialien, die keinen elektrischen Strom leiten, also in magnetischen Isolatoren. Sie nutzen dazu dünne magnetische Schichten aus Nickel­ferrit oder Eisengranat.

„Genauso wie man in elektrisch leitenden Materialien mit elektrischem Strom eine elektrische Spannung aufbauen kann, lässt sich in magnetischen Isolatoren mit einem Spinstrom eine Spin­spannung aufbauen, die Spin­akkumulation“, beschreibt Timo Kuschel, ebenfalls Uni Bielefeld, die Parallele zwischen der klassischen Elektronik und der Spintronik. Kuschels Team hat in ihrem Experiment nun gezeigt, dass zwar thermische Spinströme durch Temperatur­unterschiede erzeugt werden, Erklärung und Effekt dafür aber andere sind, als ursprünglich vermutet. „Allerdings ist der wahre Effekt ein sehr effektives Mittel, um thermische Spinströme zu erzeugen. Wir sind unseren japanischen Kollegen deshalb natürlich trotzdem dankbar für ihre Forschung, die weltweit das Gebiet der Spin-Kaloritronik erst ins Rollen gebracht hat“, sagt Günter Reiss, der die Arbeitsgruppe „Dünne Schichten und Physik der Nano­strukturen“ an der Uni Bielefeld leitet. Die Bielefelder Forscher kooperieren bei den Experimenten mit der Uni Regensburg, dem Walther-Meissner-Institut in Garching und dem Center for Materials for Information Technology in den USA.

Daneben beschäftigen sich die Forscher auch mit dem Nachweis von Spin­akkumulationen und nutzen dazu Großforschungs­einrichtungen wie das Deutsche Elektronen-Synchrotron in Hamburg. Die Röntgen­strahlung, die in diesen Elektronen­speicher­ringen erzeugt wird, ist um ein Vielfaches intensiver als die Röntgen­quellen im Universitäts­labor oder im Krankenhaus. Bisherige Experimente mit Röntgen­strahlung zum Nachweis von Spina­kkumulationen waren nicht eindeutig. Darum haben die Forscher nach einer eindeutigen Messmethode gesucht. „Mit der magnetischen Röntgen­reflektometrie haben wir eine Methode gefunden, die uns auch noch zusätzliche Informationen gegenüber den bisherigen Methoden liefern kann“, so Kuschel. „Die magnetische Röntgen­reflektometrie ist eine recht junge Methode und wurde bisher im Bereich der Spin-Kaloritronik noch nicht eingesetzt.“

UB / RK

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Meist gelesen

Themen