Elektronik mit Licht beschleunigen
Laserpulse erzeugen elektrische Ströme, die mit Petahertz-Frequenzen schwingen.
Mit Hilfe von kurzen Laserpulsen haben Forscher am MPI für Quantenoptik Elektronen innerhalb von festen Stoffen zum Schwingen gebracht und damit Ströme erzeugt, die die Frequenz des sichtbaren Lichts um mehr als das Zehnfache. Dabei experimentierten die Wissenschaftler um Eleftherios Goulielmakis mit Siliziumdioxid, einem isolierenden Material, das in der elektronischen Industrie normalerweise zum Verhindern und nicht zum Erzeugen elektrischer Ströme verwendet wird. Sobald dieses Material intensiven Laserpulsen ausgesetzt wurde, stieg seine Leitfähigkeit um mehr als 19 Größenordnungen. Damit ergeben sich völlig neue Möglichkeiten, die Eigenschaften des Materials auf extrem kurzen Zeitskalen zu verändern.
Abb.: Lichtpulse erzeugen elektrische Ströme, die mit Petahertz-
„Seit mehr als hundert Jahren denken Wissenschaftler darüber nach, konventionelle Stromquellen wie Batterien durch Licht zu ersetzen, um elektrische Ströme in Festkörpern, wie sie in der elektronischen Fabrikation verwendet werden, zu erzeugen“, sagt Goulielmakis. „Heute können wir mit Lasern Materie immer besser kontrollieren und Lichtfelder immer genauer messen. Damit erhält die Idee, die Bewegung von Elektronen in Festkörpern mit Lasern zu steuern, starken Auftrieb.“
In konventionellen Schaltkreisen werden die Elektronen von dem elektrischen Feld der Stromquellen, etwa Batterien, zu Schwingungen angestoßen. Auch wenn alle Elektronen anfangs der Kraft des Batteriefeldes folgen, stoßen sie gelegentlich mit langsameren Teilchen wie Atomen oder Ionen zusammen und verlieren dadurch ihre Synchronizität. Von intensiven Lichtfeldern dagegen werden die Elektronen in extrem kurzer Zeit beschleunigt. Deshalb geraten sie in Schwingungen und erzeugen elektrischen Strom, bevor ihnen andere Teilchen in die Quere kommen. Für die Messung dieser schnellen elektronischen Bewegung benutzen die Forscher optische Techniken: Statt die elektrischen Ströme direkt nachzuweisen, messen sie die Schwingungen der extremen UV-Strahlung, die von den im Siliziumdioxid kohärent schwingenden Elektronen erzeugt wird.
Die so nachgewiesenen Ströme sind etwa eine Million mal schneller als die in einem gängigen modernen Computerprozessor. Auch wenn der Fokus des Teams darauf liegt, die physikalischen Grenzen auszuloten, könnten die Untersuchung den Weg ebnen, in den kommenden Jahren elektronische Geräte zu entwickeln, die eine Million mal schneller als heutige sind. „Unsere Arbeit ermöglicht es, in festen Stoffen kohärente Elektronik zu verwirklichen, was man sich früher nur für isolierte Moleküle vorstellen konnte“, so Goulielmakis. „Wenn sich Elektronen kohärent bewegen, strahlen sie Licht ab, und Licht spielt die entscheidende Schlüsselrolle in der Photonik. Aus diesem Grund sind wir vielleicht bald in der Lage, zwei wichtige Bereiche der modernen Wissenschaft zu vereinigen: die Elektronik und die Photonik.“
MPQ / RK