27.07.2023

Elektronikkomponenten aus Obstabfällen

Substrate aus Zellulose für gedruckte und flexible elektronische Bauteile.

Der immer stärkere Einsatz elektronischer Geräte bringt neben einer Reihe von Vorteilen auch berechtigte ökologische und soziale Bedenken mit sich – ob hinsichtlich der Beschaffung von begrenzten Rohstoffen für ihre Produktion oder ihrer ordnungs­gemäßen Entsorgung und Wieder­verwertung. Die Notwendigkeit, nachhaltigere Alternativen für die Herstellung elektronischer Komponenten zu entwickeln und sie in einer Kreislauf­perspektive wieder­zuverwerten, wird auch vom Forschungsteam des Sensing Technologies Lab, des Labors für Nano­technologie und Sensorik der Universität Bozen unter Leitung von Paolo Lugli und Luisa Petti groß geschrieben. Gemeinsam mit internen und inter­nationalen Partnern haben sie eine neue Technologie entwickelt, die Papier aus Obstabfällen zur Herstellung von gedruckten elek­tronischen Schaltkreisen verwendet.

Abb.: Nachhaltige Elektro­komponenten aus Resten von Äpfeln und anderen...
Abb.: Nachhaltige Elektro­komponenten aus Resten von Äpfeln und anderen Früchten. (Bild: U. Bozen)

Für die Produktion der elektronischen Komponenten wird die Oberfläche eines Zellulose­substrats, das aus den Reststoffen der Verarbeitung von Äpfeln, Kiwis und Trauben gewonnen wird, mittels Laserdruck karbonisiert. Die aus Obstabfällen hergestellten Papiersubstrate sind ein Ersatz für Zellstoff, der traditionell für die Herstellung von Substraten für solch flexible gedruckte Komponenten verwendet wird. Somit wird der Verbrauch einer natürlichen Ressource wie Holz verringert; gleichzeitig werden Lebensmittel­abfälle sinnvoll verwertet. Durch unterschiedliche Laser­parameter konnten die Forschenden elek­tronische Bauteile wie Kondensatoren, Biosensoren und Elektroden für Lebensmittel­tests sowie zur Messung der Herzfrequenz und der Atmungs­tätigkeit entwickeln.

Die auf Früchten basierende und völlig plastikfreie Zellulose hat sich auch als sehr geeignet für den direkten Kontakt mit menschlicher Haut erwiesen. Somit eignen sich solch biokompatible Komponenten auch für den Einsatz in Wearables und anderen Systemen, in denen Sensoren in Kontakt mit der menschlichen Haut kommen. Die Verwendung eines natürlichen Substrats eröffnet aber auch gleich zwei neue Strategien für das Recycling der Komponenten. So können sie sich entweder innerhalb von vierzig Tagen bei Raum­temperatur in Zitronensäure auflösen, eine kosten­günstige natürliche Lösung ohne schädliche Rückstände. Als Alternative können sie als Pflanzen­dünger oder Bodenverbesserungs­mittel wieder in die Natur eingebracht werden.

„Eine nachhaltige und energie­sparende Technologie für die Herstellung elektronischer Geräte erfordert besondere Eigenschaften wie die Nutzbarkeit der Methode auf großen Flächen, einen begrenzten Energie­verbrauch und geringe Herstellungskosten. Unsere Technologie ist absolut nachhaltig, umweltfreundlich und zirkulär, da sie Papier­substrate verwendet, die aus der Verarbeitung von Obstabfällen gewonnen werden, sowie eine Drucktechnik, die auf der Karboni­sierung mittels eines einfachen Lasers beruht. All dies könnte einen wichtigen Schritt für die Vermarktung der Elektronik darstellen“, sagt Paolo Lugli.

„Die Ergebnisse unserer Studie bereiten den Weg für eine neue Forschungs­richtung, in der elektronische Geräte mit einer drastischen Verringerung des Abfall­aufkommens und unter Einsatz neuer CO2-armer Fertigungs­techniken entwickelt werden können. Ich hoffe, dass auf diesen ersten Schritt noch viele weitere Forschungsprojekte zur nachhaltige Entwicklung von intelli­genten Systemen und neuen Technologien in der Elektronik folgen werden“, sagt Forscher Giuseppe Cantarella.

U. Bozen / JOL

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