27.01.2020

Elektronische Haut mit viel Gefühl

Erstes vollintegriertes Bauelement aus Magnetsensoren und organischer Elektronik.

Die menschliche Haut ist faszinierend und hat viele Funktionen. Eine davon ist der Tastsinn, bei dem vielfältige Informationen aus der Umgebung verarbeitet werden. Das funktioniert nur, weil die Hautoberfläche flexibel und bestens vernetzt ist. Schon lange versuchen Wissenschaftler, diese Eigenschaften auch auf künstliche Haut zu übertagen, um zum Beispiel Roboter oder Prothesen damit auszustatten. Im Vergleich zu menschlicher Haut könnte elektronische Haut sogar zusätzliche Fähigkeiten haben, zum Beispiel einen Orientierungssinn im Magnetfeld. Bevor diese Visionen Wirklichkeit werden können, ist viel Entwicklungs­arbeit nötig. Die jüngsten Fortschritte in der Entwicklung von flexibler Elektronik und organischen Bauelementen liefern bereits wichtige Voraussetzungen. Es gibt bereits sehr dünne und biegsame Sensoren, die auch auf weichen und elastischen Oberflächen funktionieren, verschiedene physikalische Wechsel­wirkungen registrieren und über eine Art künstliches Nervensystem weiterleiten können. 
 

Abb.: Flexible elektronische Haut mit Magnetsensoren und einer komplexen...
Abb.: Flexible elektronische Haut mit Magnetsensoren und einer komplexen elektronischen Schaltung zur Erfassung der Magnetfeldverteilung (Bild: M. Kondo)

Ein großes Hindernis für die Verwirklichung einer funktionierenden elektronischen Haut stellt bisher noch die praktikable Vernetzung und Ansteuerung der einzelnen Sensoren dar. Erste Demonstratoren funktionieren so, dass jeder einzelne Sensor einer flächenhaften Anordnung separat kontaktiert und adressiert werden muss. Um die nötige Verkabelung zu umgehen, ist hier der Technologieschritt nötig, der seinerzeit die Schaltkreise zum integrierten Mikrochip gebracht hat: die Integration einzelner Magnetsensoren mit weiteren elektronischen Komponenten wie etwa Signal­verstärker und die Entwicklung von vollintegrierten Systemen. Forscher aus Dresden, Chemnitz und Osaka stellen nun ein neues magnetisches Sensorsystem vor, das wegweisend für diese Integration ist. 

Es besteht aus einer Anordnung von zwei mal vier Magnetsensoren, einem organischen Bootstrap-Schiebe­register zur Ansteuerung der Sensormatrix und organischen Signal­verstärkern. Das Besondere ist, dass alle elektronischen Komponenten auf organischen Dünn­schicht­transistoren basieren und in einer einzigen Plattform integriert sind. Die Forscher konnten zeigen, dass das System eine hohe magnetische Empfindlichkeit aufweist und die zweidimensionale Magnetfeldverteilung in Echtzeit abbilden kann. Außerdem ist es sehr robust gegenüber mechanischer Verformung, wie Biegen, Knittern oder Knicken. Neben der vollständigen System­integration ist auch die Verwendung von organischen Bootstrap-Schieberegistern ein wichtiger Entwicklungs­erfolg auf dem Weg zur elektronischen Haut. 

Oliver G. Schmidt, Direktor am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoff­forschung Dresden und Daniil Karnaushenko zu den nächsten Schritten: „Unsere ersten integrierten Magnetfunktionen beweisen, dass sich flexible Dünn­schicht­sensoren in komplexe organische Schaltkreise integrieren lassen. Die Kompatibilität und Flexibilität dieser Geräte ist für moderne und zukünftige Anwendungen wie Soft-Robotics, Implantate und Prothetik unverzichtbar. Der nächste Schritt besteht darin, die Anzahl der Sensoren pro Oberfläche zu erhöhen und die elektronische Haut auf größere Oberflächen auszudehnen.“ 

Leibniz-IFW / DE
 

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