11.05.2006

Elektronischer Schalter für Supraleiter

Erstmals lässt sich die supraleitende Eigenschaft eines Materials über einen elektronischen Schalter kontrollieren.


Elektronischer Schalter für Supraleiter

Erstmals lässt sich die supraleitende Eigenschaft eines Materials über einen elektronischen Schalter kontrollieren.

Genf (Schweiz) - Die Temperatur bestimmt darüber, ob ein geeignetes Material supraleitend wird oder nicht. Doch statt den Übergang zwischen diesen beiden Zuständen über Kühlen und Aufheizen zu kontrollieren, entwickelte ein schweizerisch-japanisch-französisches Team einen elektronischen Schalter für die Supraleitung. Mit diesem Schritt könnten diese Werkstoffe nicht nur für den widerstandslosen Stromtransport in Elektromagneten oder Spannungsdurchführungen, sondern in ferner Zukunft sogar für ultraschnelle Schaltkreise genutzt werden. In der Zeitschrift „Nature“ beschreiben die Forscher den Aufbau ihres Prototyps.

„Mit diesem Ansatz lassen sich beispielsweise eindimensionale, supraleitende Drähte oder SQUIDS (superconducting quantum interference devices) designen“, berichten Jean-Marc Triscone von der Universität Genf und seine Kollegen von den Universitäten Tokio und Paris-Sud. Die Grundlage für ihren elektronischen Supraleitungs-Schalter liegt in der kontrollierbaren Elektronendichte in einem hauchdünnen Kristallfilm aus Niob-dotiertem Strontiumtitanat (Nb-STO). Um in den supraleitenden Zustand überzugehen, bedarf es nicht nur einer Kühlung auf Werte unterhalb der Sprungtemperatur, sondern auch einer gewissen Elektronendichte im Material. Um diese Dichte zu beeinflussen, deponierten sie, auf diese 26 Nanometer dünne Supraleiter-Schicht eine 50 Nanometer messende Lage aus Bleizirkoniumtitanat, die als ferroelektrische Gatter-Elektrode fungierte.

Mit der Spitze eines Atomkraftmikroskops kontrollierten die Wissenschaftler nun das elektrische Feld in der ferroelektrischen Schicht. Damit ließ sich die Ausrichtung der ferroelektrischen Polarisation in dieser Lage gezielt beeinflussen (Abb.). Mit einer Spannung von minus 12 Volt an der Mikroskopspitze erzielten sie eine positive Polarisation. In diesem Zustand wurden Elektronen aus der Supraleiterschicht herausgezogen und das Material verlor trotz einer ausreichenden Helium-Kühlung unter 4,2 Kelvin seine widerstandslose Leitfähigkeit. Umgekehrt stieg die Elektronendichte bei einer Spannung von plus 12 Volt in der Nb-STO-Lage an. Ab Elektronendichten zwischen 10 19 und 10 21 Ladungsträgern pro Kubikzentimeter schaltete das Material wieder in den supraleitenden Zustand zurück.

Abbildung: Schematischer Aufbau des Bauteils. Die ferroelektrische Polarisation wurde im Bereich des blau markierten Rechtecks gezielt beinflusst, und zwar durch die Spitze eines Rasterkraftmikroskops.

Nach der Realisierung dieses einfachen Schalters planen Triscone und Kollegen nun komplexere Schaltkreise auf Supraleiter-Basis. An eine praktische Anwendung, geschweige denn an einen Supraleiter-Chip, der dem Halbleiter Silizium Konkurrenz machen könnte, wollen die Forscher jedoch noch lange nicht sprechen. Denn heute verfügbaren Supraleiter können zwar schon günstig mit flüssigem Stickstoff statt mit Helium gekühlt werden, doch ob der Schritt zur Supraleitung bei Raumtemperatur jemals erfolgt, bleibt fraglich. Nichtsdestotrotz könnte diese elegante Schaltmöglichkeit, wenn schon nicht für die Chiptechnik, so doch für eine elegantere Regelungsmöglichkeit des Leitungsverhaltens in supraleitenden Magneten oder kurzen Stromleitungen genutzt werden.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:

Weitere Literatur:

  • Ahn, C. H., Triscone, J.-M. & Mannhart, J. Electric field effect in correlated oxide systems. Nature 424, 1015 (2003). 
  • Takahashi, K. S. et al. Epitaxial growth and transport properties of Nb-doped SrTiO 3 thin films. Proc. SPIE 5932, 267 (2005). 
  • Tufte, O. N. & Chapman, P. W. Electron mobility in semiconducting strontium titanate. Phys. Rev. 155, 796 (1967). 
  • Schooley, J. F., Hosler, W. R. & Cohen, M. L. Superconductivity in semiconducting SrTiO 3. Phys. Rev. Lett. 12, 474 (1964).

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