07.08.2008

Elektronisches Auge mit flexibler Netzhaut

Bildsensoren gibt es derzeit nur in ebener Form. Ein neues Verfahren erlaubt es nun, lichtempfindliche Pixel auch auf stark gekrümmte Oberflächen zu übertragen.



Bildsensoren gibt es derzeit nur in ebener Form. Ein neues Verfahren erlaubt es nun, lichtempfindliche Pixel auch auf stark gekrümmte Oberflächen zu übertragen.

In Digital- und Videokameras projiziert eine komplizierte, aus mehreren Linsen bestehende Optik das Bild auf einen ebenen Bildsensor. Das menschliche Auge kommt hingegen mit einer Linse aus, die das Bild auf die halbkugelförmige Netzhaut wirft. Kameras ließen sich also wesentlich vereinfachen, wenn man sie mit stark gekrümmten Bildsensoren ausstatten würde. Doch mit den gängigen Methoden der Halbleitertechnologie kann man nur ebene Anordnungen lichtempfindlicher Pixel herstellen. Mit einem neuen Verfahren lassen sich die Pixel jetzt auf stark gekrümmte Oberflächen übertragen.

Während herkömmliche Halbleiterchips auf einer starren Unterlage aufgebracht sind, gibt es inzwischen auch flexible Schaltungen auf Plastik- oder Gummischichten. Doch auch sie können nicht so stark deformiert werden, wie es für eine elektronische Netzhaut im Innern einer Hohlkugel nötig wäre. John Rogers von der University of Illinois in Urbana-Champaign und seine Mitarbeiter, die schon seit einigen Jahren mit flexiblen elektronischen Schaltungen arbeiten, haben eine verblüffende Lösung des Problems gefunden.

Die Forscher stellten fotolithographisch eine ebene Matrix aus 256 Fotodioden her, die flexibel verdrahtet waren. Sie entfernten die Trägerschicht der Matrix durch Ätzten und übertrugen die Matrix auf eine glattgespannte Plastikunterlage, die bei Entspannung von selbst die Form einer Halbkugel annahm. Die Drähte zwischen den Fotodioden bildeten daraufhin kleine Bögen, um der Oberflächenkrümmung Rechnung zu tragen. Mit der Halbkugel wurde die Matrix wie mit einem Stempel in eine passende Halbkugelschale gedrückt, deren Inneres mit einem Klebstoff beschichtet war, sodass die Matrix kleben blieb. Sie wurde dann in eine Schaltung integriert und mit einem Computer verbunden. Schließlich wurde eine Linse über der Halbkugelschale angebracht – und die Kamera war fertig.

Wie erwartet lieferte dieses elektronische Auge mit seiner stark gekrümmten, einige Quadratzentimeter großen Netzhaut deutlich bessere Bilder als eine entsprechende Kamera, in der die Fotodioden eben angeordnet waren. Insbesondere am Bildrand waren die Verzerrungen erheblich kleiner. Außerdem war die Lichtintensität gleichmäßiger über das Bild verteilt und das Bildfeld war insgesamt größer. Durch das von Rogers und Kollegen entwickelte Verfahren wird es möglich, Pixelmatrizen auf nahezu beliebig gekrümmte Oberflächen zu übertragen und dadurch neuartige optische Sensoren und Abbildungssysteme herzustellen. So könnten die Pixel z. B. auf der Oberfläche einer Kugel angebracht werden – und damit ein Facettenauge bilden, wie es die Insekten haben.

Rainer Scharf

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