13.02.2004

Elite-Studenten warten nicht

Viele Jungakademiker wandern aus

Elite-Studenten warten nicht

Heidelberg (dpa) - Werner Riess reibt sich die Augen. Der 33- jährige Althistoriker und Experte für Kriminalität in der Antike steht in seinem neuen, modern eingerichteten Büro. An der Tür ist in schwarzen Lettern «Professor» angeschlagen. Riess arbeitet seit Jahresanfang als Assistant Professor an der renommierten Universität von North Carolina in Chapel Hill an der amerikanischen Ostküste.

Bislang war Riess am Seminar für Alte Geschichte der Universität Heidelberg tätig. Wie fast alle Jungwissenschaftler hatte er einen befristeten Vertrag. Die im Jahr 1386 gegründete Hochschule soll unter Umständen zu einer deutschen «Elite-Universität» ausgebaut werden. Doch bisher gibt es auch hier für Nachwuchswissenschaftler kaum attraktive Arbeitsbedingungen. Daher verlassen viele Historiker, Germanisten, Politologen und andere Akademiker Deutschland in Richtung Amerika.

«In meinem Bereich war es in Deutschland kaum möglich, eine unbefristete Arbeitsstelle mit Zukunft zu bekommen», sagt Riess. «Der Forschungsstandort Deutschland muss deshalb in allen Bereichen neue Nachwuchswissenschaftler gewinnen und zugleich die Abwanderung von geistigem Potenzial in die USA verhindern.»

Der Altertumsforscher plädiert für die «sofortige Abschaffung der Befristungsregel in Deutschland». Wissenschaftler müssten auch zwölf Jahre nach dem Beginn der Doktorarbeit die Möglichkeit haben, befristete sowie projektbezogene Verträge einzugehen. Vor allem aber müssten Stellen mit Aussicht auf Entfristung geschaffen werden, um Jungwissensschaftlern eine Zukunftsperspektive zu bieten - wie in den USA längst üblich.

«In Amerika ist auch nicht alles Gold, was glänzt», entgegnet die Heidelberger Prorektorin Silke Leopold, die das amerikanische und deutsche Hochschulsystem nicht für vergleichbar hält. Sie selbst hat mehrere Jahre an der amerikanischen Elitehochschule Harvard als Musikwissenschaftlerin gearbeitet und «immer wieder das Gefühl gehabt, mit meiner Arbeit in einem Getto zu leben, weil sich außerhalb der Universitätsmauern niemand dafür interessiert hat. Das ist in Deutschland anders».

Trotz steigender Anfängerzahlen werden nach Angaben der deutschen Hochschulrektorenkonferenz an den Universitäten die Absolventenzahlen dramatisch sinken. Schon heute schließen 70 Prozent weniger Studenten ihr Chemie- oder Physikstudium in Deutschland ab als noch vor zehn Jahren. In der Biologie ist der Absolventenrückgang genauso hoch wie in den Geisteswissenschaften bei ungefähr 30 Prozent.

Hinzu kommt, dass in den USA höhere Gehälter gezahlt werden. Dadurch wird der so genannte «Brain Drain», die Auswanderung junger Wissenschaftler, in ganz Europa gefördert. Bis zu 80 Prozent der Doktoranden an amerikanischen Hochschulen sind in einem anderen Land ausgebildet worden. Viele junge Wissenschaftler gehen außerdem in die Vereinigten Staaten, um mit dem Prädikat «i.A.g.» (in Amerika gewesen) in Deutschland bessere Aufstiegschancen zu haben.

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