Energie für die Zukunft
Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik feiert 50-jähriges Jubiläum.
Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik feiert 50-jähriges Jubiläum.
Der weltweite Energiebedarf wird sich bis 2030 vermutlich verdreifachen. Daher ist es unabdingbar, neue und vor allem klimaverträgliche Energiequellen zu erschließen. Große Hoffnungen setzen Experten auf die Kernfusionstechnologie, welche die Weise, mit der unsere Sonne Energie gewinnt, auf der Erde realisiert. Die Vorteile der Fusionsenergie liegen auf der Hand: Ihr Brennstoff ist überall auf der Welt fast unbeschränkt verfügbar. Sie benutzt ein Plasma aus den Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium, die sich aus Wasser beziehungsweise Lithium gewinnen lassen. Fusionskraft setzt keine klimaschädlichen Kohlendioxid-Emissionen frei und erzeugt keine langlebigen radioaktiven Abfälle. Und die Kernfusion ist grundsätzlich eine sichere Technik, bei der keine Gefahr für eine Explosion oder eine Kernschmelze besteht. Im Gegensatz zu Solar-, Wind- und Wasserkraft ist die Fusion unabhängig von Tages- oder Jahres-Schwankungen und deshalb ideal für die Grundlastversorgung.
Diese mehr als viel versprechenden Eigenschaften motivieren die Anstrengungen des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP), das vor fünfzig Jahren gegründet wurde. Anlass genug für einen großen Festakt am 26. Juli in Garching, dem ursprünglichen Standort des IPP, das seit 1994 ein Teilinstitut in Greifswald besitzt. Zu den Gästen zählten neben dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer hochrangige Vertreter des Bundesforschungsministeriums, der Europäischen Union sowie zahlreicher Ehrengäste.
Abb.: Die Montage des Stellarators Wendelstein 7-X im IPP-Teilinstitut Greifswald ist in vollem Gange. Der Stellarator ist eine von zwei Technologien, an denen die plasmaphysikalischen Grundlagen für den Bau eines zukünftigen Fusionskraftwerks erforscht werden. (Bild: IPP)
Peter Gruss, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, betonte, dass das IPP Grundlagenforschung für das Fernziel eines funktionierenden Fusionskraftwerks betreibe. Dem trägt der Name des Instituts Rechnung, dass ganz bewusst nicht Institut für Kernfusionsforschung, sondern für Plasmaphysik heiße. „Grundlagenforschung ist immer ein Wagnis, es gibt keine Garantie auf Erfolg“, betonte Gruss.
Als vor fünfzig Jahren, am 28. Juni 1960, das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik gegründet wurde, war die Aufgabe klar: Ein Wasserstoff-Plasma ist mit Hilfe magnetischer Felder berührungsfrei und wärmeisolierend einzuschließen, um es auf Zündtemperatur von über 100 Millionen Grad aufheizen zu können. Der Weg dahin war jedoch völlig offen. Es begann ein Langzeitprogramm mit intensiver Grundlagenforschung, um die hochkomplexen, vielfach rückgekoppelten Vorgänge im Plasma verstehen zu lernen. Dabei kristallisierten sich zwei Einschlussmethoden als erfolgsversprechend heraus: der Stellarator und der Tokamak. Bei beiden Methoden erzeugen Spulen ein ringförmiges Magnetfeld, das aufgrund seiner Krümmung jedoch zunächst noch nicht homogen genug ist, um das Plasma wirkungsvoll einzuschließen. Dafür muss ein weiteres Magnetfeld erzeugt werden. Beim Tokamak-Prinzip dient dazu eine zentrale Transformatorspule, deren Magnetfeld im Plasma einen Ringstrom induziert. Dessen Magnetfeld „verdrillt“ die zuvor kreisförmigen Feldlinien. Zugleich heizt der Strom das Plasma sehr effektiv auf. Beim Stellarator hingegen wird die Verdrillung der Feldlinien allein durch äußere Spulen erzeugt. Dadurch lässt sich das Magnetfeld vollständig von außen vorgegeben und für den Einschluss des Plasmas optimieren. Während der Stellarator grundsätzlich im Dauerbetrieb arbeiten kann ist dies beim Tokamak nur mit hohem Aufwand möglich. Weil der Tokamak, ein Plasma effektiver heizen kann, besitzt er einen gewissen technischen Vorsprung gegenüber dem Stellarator, der mit Wendelstein 7-X im IPP-Teilinstitut in Greifswald aufgebaut wird.
Mit den ersten Plasmaanlagen ließen sich Fusionsleistungen von nur wenigen Milliwatt erzeugen. Dem gegenüber steht das Weltrekord-Experiment des europäischen Gemeinschaftsprojekts JET (Joint European Torus) in Culham, Großbritannien, das vor zwölf Jahren kurzzeitig eine Spitzenleistung von 16 Megawatt erreichte. Um mehr als das Milliardenfache ist die Fusionsleistung damit gestiegen – eine eindruckvolle Entwicklung, an der das IPP mit seinen experimentellen und theoretischen Arbeiten wesentlichen Anteil hat. Genauso wie an den Vorarbeiten zur großen internationale Testanlage ITER, die in weltumspannender Kooperation in Cadarache in Südfrankreich entsteht. Diese soll erstmals ein sich selbst heizendes und Energie lieferndes Plasma erzeugen.
Bis zu einem fertigen Kraftwerk sind jedoch noch erhebliche Anstrengungen nötig, nicht zuletzt finanzieller Art. Die für den Bau von ITER veranschlagten Kosten waren in den letzten Jahren um das Dreifache gestiegen, von rund fünf auf 15 Milliarden Euro. Horst Seehofer hatte in seiner Ansprache betont, dass das Projekt durch einen Finanzierungsvorschlag der EU gesichert sei, gab aber auch zu verstehen, dass die Finanzen letztendlich begrenzt seien. Wie es nun weiter geht, wird der ITER-Council in seiner heutigen Sondersitzung entscheiden. Im Vorfeld sagte der stellvertretende ITER-Direktor Norbert Holtkamp, dass am ursprünglichen Zeitplan nicht gerüttelt werde. Dieser sieht die Fertigstellung von ITER für 2018 vor. Bis dahin ist vor allem die Weiterentwicklung der bestehenden Betriebsweisen hin zu einem magnetischen Einschluss-System wichtig, das in einem Kraftwerk zuverlässig einsetzbar ist. Diese Arbeiten werden, zusammen mit den Ergebnissen von ITER sowie der Material- und Technologieentwicklung, in die Planung eines Demonstrationskraftwerks einfließen. Schreitet die Forschung plangemäß voran, könnte damit Fusionsenergie etwa ab der Mitte des Jahrhunderts wirtschaftlich nutzbar werden.
IPP / Alexander Pawlak
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PH