Ein weltweit einmaliges System zur kompakten Speicherung großer Mengen an Energie wird am Fraunhofer-Institut für integrierte Systeme und Bauelementetechnologie in Erlangen aufgebaut und in ein modernes Gleichstromnetz integriert. Im Rahmen des Leistungszentrums Elektroniksysteme wird damit erforscht, wie ein solcher Energiespeicher zur sicheren und sauberen Energieversorgung von Industriebetrieben und größeren Gebäudekomplexen beitragen kann. Das neuartige System soll Maßstäbe für die langfristige Speicherung großer Mengen an Energie setzen – und das alles auf extrem wenig Raum. Es befindet sich in einem Stahlcontainer, dessen Innenraum vollgepackt ist mit Technologie, welche die Ein- und Ausspeicherung elektrischer Energie auf Basis eines flüssigen Wasserstoffträgers ermöglicht.
Abb.: Der Container umfasst zwei getrennte Abteile, eines für die effiziente Anbindung ans elektrische Netz und die Steuerungstechnik (vorne), das andere für den verfahrenstechnischen Aufbau. (Bild: K. Fuchs, Fh.-IISB)
Das Grundkonzept besteht darin, aus überschüssiger elektrischer Energie, etwa von einer lokalen Photovoltaik-Anlage, Wasserstoff zu erzeugen und diesen in einem organischen Trägerstoff sicher und kompakt – auch über längere Zeiträume – zu speichern. Für die spätere Nutzung kann der Wasserstoff wieder aus dem Trägerstoff freigesetzt und mit einer Brennstoffzelle in elektrische Energie umgewandelt werden. Die Brennstoffzelle wurde bereits im April als erster Hauptbestandteil des Energiespeichersystems in Betrieb genommen. Mit den eingebauten Komponenten können 25 Kilowatt an elektrischer Leistung ausgespeichert werden. Das eingesetzte Brennstoffzellensystem beruht auf der Niedertemperatur-PEM-Technologie. Die PEM-Bauweise ermöglicht es grundsätzlich, die Brennstoffzelle innerhalb weniger Minuten aus dem ausgeschalteten Zustand heraus in den Betriebszustand zu versetzen. Schnelle Betriebsbereitschaft ist beispielsweise für die spätere Abdeckung von Lastspitzen in Industriebetrieben wichtig.
Der zur Wasserstoffspeicherung verwendete flüssige Trägerstoff ist ein Liquid Organic Hydrogen Carrier, kurz LOHC. Die Forscher sehen in der eingesetzten LOHC-Technologie großes Potenzial. Der flüssige Trägerstoff nimmt über eine chemische Reaktion große Mengen an elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff auf und kann dann unter üblichen Umgebungsbedingungen für Druck und Temperatur sicher gelagert werden. Nur unter ganz bestimmten Bedingungen innerhalb eines chemischen Reaktors kann der Wasserstoff wieder vom Trägerstoff gelöst werden. Was die Anforderungen an Lagerung und Transport anbetrifft, lässt sich der Trägerstoff mit herkömmlichem Diesel vergleichen – ein großer Vorteil gegenüber anderen Wasserstoffspeichertechnologien, die meist hohe Drücke oder sehr tiefe Temperaturen benötigen.
Der Trägerstoff ist in der Industrie übrigens schon weitläufig im Einsatz – dort allerdings als Thermoöl für die Beheizung und Kühlung von Prozessen. In der Anwendung als LOHC hingegen ermöglicht er die wiederholte Einspeicherung und Freisetzung von Energie in einem geschlossenen Kreislaufprozess. Im Gegensatz zu fossilen Kraftstoffen wird das LOHC im Prozess nicht verbraucht, sondern kann immer wieder mit Wasserstoff be- und entladen werden. Im Container können derzeit etwa dreihundert Liter LOHC gelagert werden, was einer im Wasserstoff gespeicherten Energie von fast sechshundert Kilowattstunden entspricht. Das reicht aus, um den Strombedarf eines kleineren Industriebetriebs über mehrere Stunden zu decken. Über zusätzliche Tankbehälter lässt sich die gespeicherte Energiemenge jedoch leicht um ein Vielfaches erhöhen. Somit können beispielsweise auch größere Betriebe, Rechenzentren oder Krankenhäuser über längere Zeiträume versorgt werden.
Mit der neuen Forschungsanlage wollen die Wissenschaftler verschiedenen Fragen auf den Grund gehen: Wie können mit einem LOHC-basierten Energiespeichersystem schwankende Energieerzeugungsverläufe aufgenommen werden, wie sie beispielsweise bei den vor Ort installierten Photovoltaikanlagen vorkommen? Wie lassen sich derartige Systeme kompakt in einen einzelnen Container integrieren? Und wie lässt sich eine solche Anlage effizient in industrielle Energienetze einbinden? Am Fraunhofer-IISB ist die Anlage an das lokale Gleichstromnetz angebunden. Lokale Gleichstromnetze ermöglichen durch die Vermeidung unnötiger Wandlungsverluste von Gleichstrom in Wechselstrom im Zusammenspiel lokaler Erzeuger, Speicher und Verbraucher einen effizienteren Betrieb des Gesamtsystems.
„Mit der Inbetriebnahme des Brennstoffzellensystems ist ein erster wichtiger Schritt getan. Nun sind wir gespannt auf die nächsten Ergebnisse“, meint Projektmitarbeiter Johannes Geiling. „Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt wird es sein, die am besten geeignete Betriebsweise für das Speichersystem zu finden.” Denn mit der richtigen Betriebsstrategie wird es das LOHC-System ermöglichen, erneuerbare Energien unter Gewährleistung der Versorgungssicherheit auch in Industriebetrieben, mittelständischen Unternehmen oder größeren Gebäudekomplexen und Quartieren stärker einzubinden und damit den energetischen Eigenversorgungsgrad zu erhöhen.
FG / RK