03.09.2021 • Energie

Energie sparen beim Mobilfunk

Verbundprojekt zu sparsamen Leistungshalbleitern gewinnt Silber bei Innovationswettbewerb.

Ausgezeichnete Halbleitertechnologie: Die Fraunhofer-Institute IAF und IIS sowie die Universität Freiburg/INATECH belegen mit dem Verbund­projekt „EdgeLimit – Grenz­betrachtung der Leistungs­elektronik in modernen Edge-Cloud Systemen“ den zweiten Platz im Innovations­wettbewerb „Elektronik für energiesparsame Informations- und Kommunikations­technik“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Das Projekt­konsortium erhält somit eine Förderung des BMBF, um ihre Lösung für energie­sparsamere Mobilfunk­basisstationen zu realisieren.

 

Abb.: Hochfrequenz­verstärker auf Basis von Aluminium-Scandium-Nitrid haben...
Abb.: Hochfrequenz­verstärker auf Basis von Aluminium-Scandium-Nitrid haben das Potenzial, die Leistungs­dichte und Effizienz von Hochfrequenz­verstärkern in 5G-Basis­stationen deutlich zu verbessern. (Bild: Fh.-IAF)

Mit dem Ziel, innovative Lösungsansätze für energiesparsame Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT, engl. ICT) zu befördern, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im vergangenen Jahr den Innovationswettbewerb „Elektronik für energiesparsame IKT“ im Rahmen seiner Green ICT Initiative ausgerufen. Das Fraunhofer IAF konnte sich gemeinsam mit seinen Partnern Fraunhofer IIS und der Universität Freiburg/INATECH mit ihrem Vorhaben für energiesparsame Mobilfunkbasisstationen gegen zehn hochkarätige Forschungsteams durchsetzen und den zweiten Platz belegen. Damit erhält das Verbundprojekt „EdgeLimit“ zur Durchführung exklusive Förderung durch das BMBF.

„Der Ressourcenverbrauch der fortschreitenden Digitalisierung nimmt immer größere Dimensionen an. Wir müssen durch Forschung und Entwicklung dafür sorgen, dass die Digitalisierung beim Kampf gegen den Klimawandel ein Teil der Lösung wird und nicht ein Teil des Problems“, so der Appell der Bundesforschungs­ministerin Anja Karliczek. Das trifft insbesondere auf Informations- und Kommunikations­technologien zu, die künftig deutlich energiesparsamer werden müssen. Dazu bedarf es neuer Leittechnologien und einem Umdenken hin zu bedarfsgerechter Leistungs­anforderung an IKT. Genau hier setzen das Fraunhofer IAF und seine Partner mit ihrem Projekt „EdgeLimit“ an.

Das Projektkonsortium erforscht im prämierten Vorprojekt „EdgeLimit – Grenzbetrachtung der Leistungs­elektronik in modernen Edge-Cloud Systemen“ innovative Halbleitertechnologien und Ansätze, unter anderem für energieeffizientere Mobilfunk­antennen­systeme. Neue Mobil­funksysteme erreichen enorme Steigerungen der Datenraten, jedoch müssen mindestens im gleichen Maße die Energie­aufnahmen der Systeme gesenkt werden.

Das Vorhaben „EdgeLimit“ legt ein Konzept zum Einsatz neuartiger Leistungshalbleiter für Hochfrequenzverstärker in 5G-Basisstationen im neuen Millimeter-Wellen-Frequenzbereich bei 26 bis 34 GHz auf Basis von Aluminium-Scandium-Nitrid (AlScN) vor. Dabei überzeugt das Projektvorhaben nicht nur mit einem enormen Einspar­potenzial für Energie­verbrauch und CO2-Emissionen, sondern auch mit einer außer­ordentlichen Innovationshöhe im Bereich der Hoch­frequenz­elektronik mit großer Hebelwirkung für die Mikro­elektronik in Deutschland. Das findet seinen Ausdruck in der signifikanten Beteiligung der Industrie in der zweiten Phase des Projektes. Hier ist eine Kooperation mit Nokia Bell Labs, United Monolithic Semiconductors GmbH, Deutsche Telekom AG (assoziiert) und Nokia Solutions and Networks GmbH & Co. KG vorgesehen.

Moderne vernetzte IKT-Systeme besitzen neben den zentralen Daten­verarbeitungs-Infrastrukturen (Cloud) zunehmend Kapazitäten zur Sammlung und Verarbeitung von Informationen am Rand des Netzwerks (Edge) sowie Systeme für den Daten­transfer zwischen Cloud und Edge. „Hier setzen wir mit unserem Projekt EdgeLimit an. Unser Ziel ist es, ein komplettes Antennensystem, einen sogenannten Remote Radio Head (RRH), zu realisieren, der eine energieeffizientere Übertragung im Millimeter­wellenbereich von 5G ermöglicht und dabei die Verluste halbiert“, erklärt der Projekt­koordinator Rüdiger Quay, stellvertretender Leiter des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF und Professor für energie­effiziente Hochfrequenz­elektronik.

„Konkret arbeiten wir zum Beispiel an intelligenten Edge-Lösungen, die den Energie­verbrauch bereits beim Entwurf mitdenken und auf ein Minimum reduzieren“, erläutert Albert Heuberger, Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen. Mit der Energie­betrachtung der Radio-Units (massive MIMO-Antennen) im 5G Testbed Industrie 4.0 des Fraunhofer IIS können energieeffiziente, verteilte, sichere Edge-Cloud-Systeme aufgebaut und getestet werden.

Die Projektpartner setzen bei der Entwicklung wegweisender Hochfrequenz­komponenten auf den Einsatz des neuartigen Leistungshalbleiters AlScN. „Die von uns verfolgte Halbleitertechnologie, mit der wir am IAF bereits viel Erfahrung sammeln konnten, hat das Potenzial, die Leistungseffizienz in integrierten Schaltungen (MMICs) durch besser Anpassung, höhere Verstärkung und höhere Leistungsdichte grundsätzlich zu erhöhen“, so Quay. AlScN erlaubt durch seine hohe Strom­tragfähigkeit gegenüber etablierten Halbleitern wie Silizium, GaAs und AlGaN/GaN deutliche Vorteile. Basierend auf diesem Material strebt „EdgeLimit“ mindestens eine Verdopplung der Leistungs­effizienz auf Verstärker­ebene bei neuen Mobilfunk­frequenzen und eine Halbierung der Verluste in Leistungs­wandlern an.

Mit energieeffizienterer Elektronik alleine lässt sich dem exponentiell steigenden Energie­verbrauch der IKT nicht begegnen. Der Horizont der physikalischen Energie­effizienz ist näher als der des realisierbaren Datendurchsatzes, der schneller wächst und dadurch einen Rebound-Effekt befördert. Eine Lösung bietet intelligentes und adaptives Management von Mobilfunk­systemen, das für einen bedarfs­gerechten Energie­einsatz sorgt und dadurch ein enormes Energie­sparpotenzial besitzt.

Um ein intelligente IKT zu ermöglichen, werden innovative Leistungs­elektronik­architekturen benötigt, die ein bedarfsbestimmtes Ein- und Ausschalten der Elektronik ermöglichen, ohne dabei die Latenz der Datenübertragungen zu beeinträchtigen. „Auf Netzebene sollen durch eine intelligente Vernetzung von Sendemodulen und Antennen mit bedarfsgerechter Steuerung große Mengen an Energie eingespart werden, zum Beispiel in Fabriknetzen wie die neue Bosch Halbleiter-Fab in Dresden oder bei schneller Video­übertragung ins Auto“, verdeutlicht Quay. „Dafür entwickeln wir in EdgeLimit die passende Hoch­frequenz­elektronik, die in der Lage ist, an ein intelligentes Netzmanagement angeschlossen zu werden. Denn eines ist unerlässlich: Bei der Weiter­entwicklung von IKT müssen wir der Ressourcen­effizienz mindestens denselben Stellenwert einräumen wie der Leistungs­steigerung. Nur so lassen sich CO2-Emissionen bei voranschreitender Digitalisierung reduzieren.“

Fh.-IAF / DE

 

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