21.03.2016

Energiesparende Elektronik mit Weyl-Teil­chen

Material mit nur einer Art von Weyl-Fermi­onen erlaubt gezielte Steue­rung des Teil­chen­flusses.

Elektronische Geräte verbrauchen viel Energie und müssen aufwendig gekühlt werden. Ein Ansatz für die Entwicklung von zukünftiger energie­sparender Elektronik ist, besondere Teilchen zu nutzen, die nur im Inneren von Materialien existieren, sich dort aber praktisch ungestört bewegen. Elektronische Bauteile auf Grundlage dieser Weyl-Fermionen würden deutlich weniger Energie verbrauchen als heutige Chips. Denn bislang wird die Bewegung von Elektronen genutzt, die jedoch im Material Widerstand erfährt und daher zu Energieverlusten führt. Die bereits in den 1920er Jahren vorausgesagten Weyl-Fermionen ließen sich erst im vergangenen Jahr von mehreren Forscher­teams nachweisen. Hierzu gehörten auch Forscher des Paul-Scherrer-Instituts PSI. Forscher des PSI haben nun gemeinsam mit Kollegen von zwei Forschungs­einrichtungen in China und von den beiden ETH in Zürich und Lausanne weitere Fortschritte erzielt: Wie sie zeigen konnten, gibt es Materialien, in denen nur eine Art Weyl-Fermion existiert. Das ist für den Einsatz in elektronischen Bauteilen entscheidend, weil es dadurch möglich wird, den Fluss der Teilchen im Material gezielt zu steuern.

Abb.: Jihwey Park, Ekaterina Pomjakushina und Nan Xu (v.l.n.r.) sind Teil des Teams, das die Nutzung von Weyl-Fermionen in elektronischen Geräten untersucht hat. (Bild: PSI / M. Dzambegovic)

Heutige Computerchips nutzen den Fluss von Elektronen, die sich durch die Drähte des Bauteils bewegen. Da Elektronen auf ihrem Weg immer wieder mit­einander oder auch mit anderen Teilchen im Material kollidieren, ist relativ viel Energie notwendig, um den Fluss aufrecht­zuerhalten. Dadurch verbraucht das Gerät nicht nur viel Energie, es heizt sich auch stark auf, sodass eine aufwendige Kühlung nötig wird, die zusätzlichen Platz und Energie benötigt.

Weyl-Fermionen bewegen sich dagegen so gut wie ungestört durch das Material, spüren also praktisch keinen Widerstand. „Man kann das mit einer Autofahrt auf einer Autobahn vergleichen, auf der sich alle Autos ungehindert in dieselbe Richtung bewegen. Der Elektronen­fluss in heutigen Chips erinnert hingegen eher an eine Fahrt in einer engen Stadt, in der Autos aus verschiedenen Richtungen kommen und einander behindern“, erklärt Ming Shi, leitender Wissen­schaftler am PSI.

Während in den Materialien, die im vergangenen Jahr untersucht wurden, stets mehrere Arten von Weyl-Fermionen auftraten, die sich auf unterschiedliche Weise bewegen, haben die PSI-Forscher und ihre Kollegen nun ein Material vorgestellt, in dem nur ein Typ Weyl-Fermion vorkommt. „Das ist wichtig für Anwendungen in der Elektronik, weil man hier im Stande sein muss, den Teilchen­fluss genau zu steuern“, erklärt Nan Xu, der als Postdoktorand am PSI arbeitet.

Weyl-Fermionen wurden als Quasiteilchen in Weyl-Halbmetallen beobachtet. Im Gegensatz zu „realen“ Teilchen können Quasiteilchen nur im Inneren von Materialien existieren. Weyl-Fermionen entstehen durch die gemeinsame Bewegung der Elektronen in geeigneten Materialien. Allgemein lassen sich Quasi­teilchen mit Wellen auf einer Wasser­oberfläche vergleichen: Die Wellen würden ohne das Wasser nicht existieren. Gleichzeitig ist ihre Bewegung unabhängig von der Bewegung des Wasserkörpers.

Das Material, das die Forscher nun untersucht haben, ist eine Verbindung der chemischen Elemente Tantal und Phosphor und hat die chemische Formel TaP. Die entscheidenden Experimente wurden mit Röntgen­licht an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS des Paul-Scherrer-Instituts durchgeführt.

PSI / DE

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