15.09.2021 • BiophysikMedizinphysik

Enorme Änderung der Membranpotenziale von roten Blutzellen

Biophysiker Lars Kaestner ist der Ursache einer speziellen Form der Blutarmut auf der Spur.

Eine Variante der Blutarmut ist die Gárdos-Channelo­pathy, eine durch Genmutation ausgelöste Fehl­funktion der Gárdos-Kanäle. Durch diese gelangen Kalium-Ionen aus den roten Blutzellen hinaus. Ist die Funktion der Kanäle gestört, wirkt sich das auch auf die Kalzium-Konzen­tra­tion der Zellen aus. Mit schwer­wiegenden Folgen: Zu viel Kalzium lässt die Zelle sterben. In der Folge kommt es dann zur Anämie. Forscher der Saar-Uni um den Biophysiker Lars Kaestner haben den Zusammen­hang zwischen Kalium- und Kalzium­strömen bei dieser genetischen Mutation nun unter­sucht.

Abb.: Der Biophysiker Lars Kaestner ist Spezialist für die Biologie und Physik...
Abb.: Der Biophysiker Lars Kaestner ist Spezialist für die Biologie und Physik von Blut­zellen. (Bild: T. Mohr, UdS)

Der Gárdos-Kanal kommt zwar nur sehr selten auf der Ober­fläche einer Blut­zelle vor – im Schnitt etwa zehn Kanäle pro Zelle –, aber wenn er nicht richtig funktio­niert, setzt dies eine fatale Folge­reaktion in Gang. „Der Gárdos-Kanal ist für die Volumen­regula­tion in der Zelle verant­wort­lich“, erklärt Kaestner. Der Biophysiker ist Spezialist für die Biologie und Physik von Blut­zellen und hat in einer Studie unter­sucht, wie sich die Fehl­funktion des Kalium­kanals auf Blut­zellen auswirkt. „Bei dieser speziellen Mutation, der Gárdos-Channelo­pathy, sorgt die Fehl­funktion des Kalium­kanals seltsamer­weise zu einer erhöhten Kalzium-Konzen­tration in der Zelle“, so seine Beob­ach­tungen. „Wir haben uns nun gefragt, was dahinter­steckt.“

Kaestner und sein Team haben daher die Membran­potenziale der roten Blut­zellen gemessen, also geschaut, bei welchen Spannungen die Kanäle geschlossen sind und wann sie sich öffnen. Die genetische Veränderung des Gárdos-Kanals führt dazu, dass sich der Kanal schneller öffnet. „Dann springt das Potenzial aller­dings von -10 Millivolt im Ruhe­zustand auf -60 Millivolt“, berichtet Kaestner. „Ein solcher Sprung ist enorm und ansonsten nur von erregbaren Zellen wie etwa Nerven­zellen oder Herz­muskel­zellen bekannt“, so der Biophysiker weiter. Diese Sprünge wiederum lösen die Aktivität von spannungs­akti­vierten Kalzium-Kanälen aus, die dafür sorgen, dass Kalzium in die Zelle einströmt.

„Bei der von uns untersuchten Mutation, die zur Gárdos-Channelo­pathy führt, sorgt das nun dafür, dass viel zu viel Kalzium in die Zelle einströmt und diese damit abstirbt“, sagt Kaestner. Sterben aber zu viele rote Blut­zellen ab, kommt es damit zur Blut­armut. Mit ihrer Forschungs­arbeit haben die Wissen­schaftler um Kaestner einen weiteren Schritt im Verständnis der schwierig zu diagnos­ti­zie­renden Anämien gewonnen. „Denn diese sind sehr proble­matisch“, so der Biophysiker. „Man weiß dann zwar, dass ein Patient eine Blutarmut entwickelt hat, aber welche Ursache sie genau hat, ist oft unklar.“

UdS / RK

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