05.02.2016

Entmischende Kollisionen

Auch gleich große Teilchen sortieren von selbst – wenn sie sich unter­schied­lich bewegen.

Rüttelt man eine Mischung von unterschiedlich großen Nüssen, dann liegen nach kurzer Zeit die größten Nüsse ganz oben und die kleinsten ganz unten in der Schale. Diese spontane Ent­mischung von Teilchen unter­schied­licher Größe ist als Para­nuss-Effekt bekannt. Man findet dieses Phänomen bei allen granu­laren Systemen, wenn man sie schüttelt und so zufällige aktive Bewegungen der Teilchen erzeugt. Bei Computer­simula­tionen entdeckten nun Erwin Frey von der Uni München und sein Team zu ihrem Erstaunen, dass sich sogar gleich große Teilchen von selbst sortieren, wenn sie unter­schiedlich stark ausge­prägte Zufalls­bewegungen aus­führen. „Dieses Phänomen, das bisher noch niemand unter­sucht hatte, konnten wir nun mit­hilfe unserer Simula­tionen theoretisch erklären und zeigen, dass das Bewegungs­ver­halten der Teilchen dabei eine wichtige Rolle spielt“, sagt Frey.

Abb.: Zwei Schnappschüsse aus einer Simula­tion mit fünf­hundert schnellen Teilchen (orange, hell­grau) und fünf­hundert lang­samen Teilchen (blau, dunkel­grau). Bereits früh (links) zeigt sich eine Tendenz zur Haufen­bildung bei den lang­samen Teilchen, die später (rechts) zu einer nahezu voll­ständigen Entmischung führt. (Bild: S. N. Weber, C. A. Weber & Erwin Frey / APS)

In Wasser gelöste Teilchen verteilen sich normaler­weise gleich­mäßig in der Lösung, wobei ihre Diffusions­konstante von der Temperatur abhängt. In Mischungen im thermischen Gleich­gewicht haben gleich große Teilchen auch die gleiche Diffusions­konstante. „Uns interes­sierte, was passiert, wenn die Teilchen unter­schiedliche Diffusions­konstanten haben. Das ist nur möglich, wenn die Teilchen aktiv ange­trieben werden“, sagt Simon Weber, ebenfalls Uni München. „Wir haben deshalb ein System analysiert, in dem sich die Teilchen persistent bewegen, es findet also eine unregel­mäßige, aber aktive Bewegung statt. Die Persistenz­länge beschreibt dabei die Strecke, die ein Teilchen in eine Richtung zurück­legt, bevor es in eine andere Richtung ab­schwenkt.“

Die Simulationen der Wissenschaftler zeigen, dass sich eine Mischung aus schnellen und lang­samen Teilchen von selbst entmischt, wenn die Persistenz­längen der schnellen Teilchen sehr klein sind. Das wäre etwa bei Bakterien der Fall, die Persistenz­längen haben, die kleiner sind als der Durch­messer des Bakteriums. „Zur Entmischung kommt es, weil die passiven Teilchen von den aktiven immer wieder ange­stoßen werden“, sagt Frey. „Dadurch entsteht eine effektive Anziehung zwischen den passiven Teilchen, die lang­fristig einen Cluster bilden. Die aktiven Teilchen verteilen sich gleich­mäßig um den Cluster und wirken wie eine Art Käfig für die passiven.“

Allerdings funktioniert die Entmischung nur bei einer aus­reichend großen Teilchen­zahl und einem aus­reichend großen Unter­schied in den Diffusions­konstanten. Außer­dem braucht der Effekt viel Zeit: „Einen Raum mit­hilfe von diffusiver Bewegung zu durch­laufen, dauert sehr lange. Da die passiven Teilchen haupt­sächlich durch die Stöße der aktiven Teilchen zu diffu­siver Bewegung getrieben werden, schlägt die Lang­sam­keit der Diffusion sogar doppelt zu“, sagt Weber. „Wir vermuten, dass eine Cluster­bildung der passiven Teilchen unter anderem deshalb noch nie zuvor beob­achtet wurde, weil die entspre­chenden Simula­tionen zu früh abge­brochen wurden.“ Als nächsten Schritt schlagen die Wissen­schaftler vor, die Ergebnisse ihrer Computer­simulationen experi­mentell zu über­prüfen.

LMU / RK

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