24.06.2011

Erde entstand nicht aus typischer Materie des jungen Sonnensystems

Trotz Crash-Landung: Genesis-Mission liefert neue Erkenntnisse über die Planetenentstehung.


Trotz Crash-Landung: Genesis-Mission liefert neue Erkenntnisse über die Planetenentstehung.

Unsere Sonne und ihre Planeten sind vor 4,5 Milliarden Jahren gemeinsam aus einer großen Gaswolke entstanden. Trotzdem unterscheidet sich die Materie der Erde deutlich von jener der Sonne. Das zeigen Auswertungen von Daten der Weltraummission Genesis. Zwei Forscherteams fanden deutliche Unterschiede in der Isotopen-Zusammensetzung der Elemente Sauerstoff und Stickstoff zwischen dem Sonnenwind und den terrestrischen Planeten im inneren Sonnensystem. Nach Ansicht der Forscher zeigen diese Unterschiede, dass bislang unterschätzte Prozesse wie beispielsweise die Photolyse eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Planetensystems gespielt haben müssen.

Abb.: Die Genesis-Kapsel im Wüstensand von Utah. (Bild: NASA)

  

"Alle bislang untersuchten Materialproben zeigen eine große Variation der Isotopen-Zusammensetzung von Sauerstoff", erläutern Kevin McKeegan von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen. "Es war daher bislang nicht möglich, die ursprüngliche Zusammensetzung des Sonnensystems zu bestimmen."

Doch in der solaren Photosphäre hat sich die mittlere isotopische Zusammensetzung der präsolaren Wolke für Elemente schwerer als Lithium bis heute erhalten. Über den Sonnenwind strömt Materie aus der solaren Photosphäre ins Weltall ab. Aufgabe der 2001 gestartete Genesis-Mission war es deshalb, mit speziellen Kollektoren zwei Jahre lang Atome des Sonnenwinds einzufangen und zur Erde zurückzubringen. Um eine Kontaminierung mit Atomen irdischen Ursprungs zu vermeiden, war Genesis am Langrange-Punkt L1 stationiert, 1,5 Millionen Kilometer Richtung Sonne von der Erde entfernt.

Doch nach erfolgreicher Sample-Mission versagten bei der Rückkehr am 8. September 2004 die Bremsfallschirme und die Kapsel mit den Kollektoren prallte mit hoher Geschwindigkeit in einer Wüste im US-Bundestaat Utah auf. Die Kollektoren wurden beim Aufprall zerstört und zu einem großen Teil mit irdischem Staub kontaminiert. In langjähriger Forschungsarbeit gelang es jedoch, aus einigen Bruchstücken wertvolle Daten zu extrahieren.

Die Messergebnisse zeigen, wie McKeegan und sein Team berichten, dass die Erde und die anderen felsigen Himmelskörper im inneren Sonnensystem gegenüber der Sonne einen um sieben Prozent höheren Anteil an Sauerstoff-17 und Sauerstoff-18 enthalten. Noch gravierender ist der Unterschied beim Element Stickstoff, wie Analysen von Bernard Marty von der Nancy Université in Frankreich und seinen Kollegen zeigen. Hier weisen die terrestrischen Planeten einen um 40 Prozent erhöhten Anteil an Stickstoff-15 gegenüber der Sonne auf.

Eine mögliche Ursache für diese Unterschiede könnten nach Ansicht der Wissenschaftler photolytische Prozesse sein. So könnte einen isotopenabhängige Selbstabschirmung bei der ultravioletten Photolyse von Kohlenmonoxid die Unterschiede bei den Sauerstoff-Isotopen erklären. Nachdem alle Photonen, die C16O dissozieren können, absorbiert wurden, können die in relativ niedriger Häufigkeit vorliegenden Varianten C17O und C18O weiter dissoziert werden. Die freigesetzten O-17 und O-18 Atome verbinden sich dann rasch mit Wasserstoff zu Wasser-Eis und werden schließlich in Oxiden und Silikaten eingebaut. Dadurch kann sich die Isotopen-Zusammensetzung in der um die junge Sonne rotierenden Gas- und Staubwolke, aus der das Planetensystem entstanden ist, verändern. Bei der Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems müssen solche bislang unterschätzten Vorgänge also künftig berücksichtigt werden. Kritisch ist dabei beispielsweise die Wechselwirkung von isotopisch schwerem Wasser mit felsigem Material, ein bislang kaum verstandener Prozess.

Rainer Kaiser

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MH

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