20.01.2012

Erfolgreich gekoppelt

Am belgischen Kernforschungszentrum SCK.CEN in Mol ist es gelungen, einen unterkritischen Reaktor mit einem Teilchenbeschleuniger zu koppeln.

Angesichts des ungelösten Entsorgungsproblems für Atommüll klingt die Idee verlockend, die hochradioaktiven und langlebigen Isotope durch Neutronenbeschuss in kurzlebige oder stabile umzuwandeln. Am belgischen Forschungszentrum SCK.CEN in Mol bereiten Wissenschaftler seit über zehn Jahren ein Forschungsprojekt vor, um die physikalischen Grundlagen und die technische Machbarkeit dieser Transmutation zu erforschen. Bei diesem Myrrha-Projekt soll der für die Transmutation erforderliche sehr intensive Fluss an schnellen Neutronen durch die Kopplung eines Reaktors mit einem Beschleuniger erzeugt werden. Eine selbstständige Kettenreaktion wäre in dem unterkritisch ausgelegten Reaktor nicht möglich. Erst wenn der Linearbeschleuniger einen sehr intensiven Protonenstrahl auf ein Bleitarget innerhalb des Reaktors schickt, entstünden wie bei einer Spallationsneutronenquelle die für eine Kettenreaktion notwendigen zusätzlichen Neutronen. Diese Sicherheitsphilosophie ermöglicht es, in einer solchen hybriden Anlage Brennstoffe mit sehr hohen Anteilen an Transuranen wie Plutonium oder Neptunium zu verarbeiten. 

Von oben ragt die Neutronenquelle in den subkritischen Reaktor hinein (Quelle: SCK.CEN)

Als Vorbereitung für Myrrha wurde in Mol das Modellexperiment Guinevere aufgebaut. Dieses besteht aus einem kleinen Reaktor mit einer Leistung von unter einem Kilowatt. Ein 250-keV-Beschleuniger schießt Deuterium auf ein Target, das Tritium enthält. Bei der Fusion von Deuterium und Tritium zu Helium entstehen wie in der Sonne Neutronen mit einer Energie von 14 MeV. Nach der Einweihung von Guinevere im März 2010 wurde der Reaktor zunächst im konventionellen kritischen Modus betrieben und umfangreichen Tests unterzogen. Kürzlich gelang es nun erstmals, den unterkritischen Reaktor mit der externen Neutronenquelle zu koppeln. Damit ist eine ganze Reihe an Experimenten möglich, um die wesentlich größere Anlage Myrrha vorzubereiten.

Im März 2010 beschloss die belgische Regierung, 40 Prozent der Kosten der rund eine Milliarde Euro teuren Myrrha-Anlage zu übernehmen. Die restliche Finanzierung ist noch ungeklärt, das Projekt ist inzwischen aber in der ESFRI-Roadmap der europäischen Großgeräte aufgenommen. Bei einem Baubeginn 2015 könnte Myrrha 2020 in Betrieb gehen.

Stefan Jorda

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