14.06.2007

Erst Eruption, dann Explosion

Im Jahr 2004 beobachteten Astronomen einen Helligkeitsausbruch in der Galaxie UGC 4904. Rund zwei Jahre später gab es an der exakt gleichen Position eine Supernova. Wie lässt sich das erklären?



Im Jahr 2004 beobachteten Astronomen einen Helligkeitsausbruch in der Galaxie UGC 4904. Rund zwei Jahre später gab es an der exakt gleichen Position eine Supernova. Wie lässt sich das erklären?

Am 20. Oktober 2004 sah der japanische Amateurastronom Koichi Itagaki in der 84 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie UGC 4904 ein Lichtpünktchen aufleuchten. Zunächst dachte er, es handele sich um eine Supernova. Doch schon nach wenigen Tagen war das Objekt wieder verschwunden, ohne das es von einem anderen Beobachter bestätigt werden konnte. Am 9. Oktober 2006 erstrahlte in UGC 4904 dann erneut ein Lichtpünktchen – diesmal noch heller, und diesmal handelte es sich wirklich um einen explodierenden Stern. Wie ein internationales Forscherteam jetzt in „Nature“ berichtet, stimmen die Positionen der beiden Ereignisse exakt überein – es handelt sich also offenbar um ein und denselben Stern, der zunächst eine helle Eruption zeigte und dann zwei Jahre später explodierte. Die Astronomen präsentieren in ihrer Arbeit zwei mögliche Erklärungen für das ungewöhnliche Phänomen.

„Zwar wurden schon mehrere Vorgängersterne von Supernovae des Typs II beobachtet“, schreiben Andrea Pastorello von der Queen's University Belfast und Kollegen, „aber bislang gibt es keinerlei Information über die Sterne, die zu wasserstoffarmen Supernovae der Typen Ib und Ic werden.“ Und die Supernova 2006gc in UGC 4904 ist vom Typ Ib.

Supernovae des Typs II zeigen in ihrem Spektrum starke Wasserstofflinien, ihre Vorgängersterne besitzen eine Masse von maximal 30 Sonnenmassen. Sterne mit einer höheren Masse durchlaufen eine Wolf-Rayet-Phase, in der sie ihre Wasserstoffhülle durch starke Sternwinde abstoßen, bevor sie als Supernova des Typs Ib (viel Helium) oder Ic (wenig Helium) explodieren. Einen Sonderfall stellen die Supernovae des Typs Ia dar, da sie aus Doppelsternssystem hervorgehen, in denen ein Weißer Zwerg so lange Masse von einem Roten Riesen akkretiert, bis er die Chandrasekhar-Massengrenze überschreitet und kollabiert.

Die Supernova 2006jc war in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich: Ihre Helligkeit sank schneller ab, als für die Typen Ib und Ic üblich, sie zeigte typische breite Emissionslinien wie eine Ic-Supernova, zugleich aber Helium-Emission wie eine Ib-Supernova. Pastorello und Kollegen klassifizieren 2006jc deshalb als „ungewöhnliche Supernova des Typs Ib“.

Abb.: Am gleichen Ort: 2004 beobachteten Astronomen einen Helligkeitsausbruch (links) in der Galaxie UGC 4904, zwei Jahre später eine Supernova (rechts). (Quelle: Pastorello et al.)

Aus den beobachteten Spektren ziehen die Forscher den Schluss, dass es sich bei dem explodierten Objekt um einen Wolf-Rayet-Stern gehandelt hat, der nicht nur seine Wasserstoff-, sondern auch seine Helium-Hülle ins All abgestoßen hatte. Die Umgebung des Sterns war deshalb stark mit Helium angereichert, was die Helium-Linien im Spektrum erklärt.

Bleibt die Frage, worum es sich bei der Eruption zwei Jahre vor der Explosion gehandelt hat. Ähnliche Eruptionen kennen die Astronomen von leuchtkräftigen blauen variablen Sternen (LBVs), extrem massereiche blaue Sterne, die eine instabile Atmosphäre besitzen und immer wieder starke Massenverlust-Episoden zeigen. Doch solche LBVs besitzen ihre Wasserstoff- und Heliumhüllen im Gegensatz zu Wolf-Rayet-Sternen noch. „Zwar wäre ein LBV-ähnlicher Ausbruch bei einem Wolf-Rayet-Stern eine passende Erklärung“, so Pastorello und Kollegen, „aber es wäre das erste Mal, das ein derartiges Phänomen beobachtet wird.“

Als Alternative schlagen die Forscher vor, dass es sich um ein Doppelsternsystem aus zwei massereichen Sternen handelt. Der eine Stern wäre in diesem Modell ein LBV und damit für die Eruption von 2004 verantwortlich. Der zweite Stern war ein Wolf-Rayet-Stern und ist 2006 explodiert. Die starken Sternwinde beider Sterne würden für eine komplexe Beschaffenheit des interstellaren Gases in der Umgebung des Systems sorgen und könnten damit eine Erklärung für das ungewöhnliche Spektrum von 2006jc liefern.

Die Forscher schlagen nun weitere spektroskopische Beobachtungen mit höchster Auflösung vor, um Hinweise auf einen möglichen LBV-Stern in dem Supernova-Überrest aufzuspüren.

Rainer Kayser

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