28.04.2016

Erste extragalaktische Quelle für hochenergetische Neutrinos?

Koinzidenz eines Blazar-Strahlungs­aus­bruchs und eines ener­giereichen Neutrino-Ereig­nisses.

Das Neutrino-Observatorium IceCube am Südpol hat bislang etwa ein­hundert hoch­ener­getische Neutrino-Ereignisse identi­fiziert. So regis­trierte IceCube am 4. Dezember 2012 ein Neutrino mit einer Energie von mehr als zwei Peta-Elektronen­volt, das von den Forschern „Big Bird“ getauft wurde. Big Bird war das seiner­zeit energie­reichste nach­ge­wiesene Neutrino und steht immer noch auf dem zweiten Platz. Woher aber kommt Big Bird? Die Positions­bestimmung von IceCube war ungenau und konnte den Ent­stehungs­ort nur auf ein Himmels­areal mit einer Fläche von etwa 64 Voll­monden ein­grenzen.

Abb.: Der Gammahimmel im Umfeld des Blazars PKS B1424-418, auf­ge­nommen mit dem LAT-Detektor von Fermi. Die Farben zeigen die Inten­sität der Gamma­strahlung. Der ge­strichelte Kreis zeigt den wahr­schein­lichen Bereich, in dem Big Bird statt­ge­funden hat. Links: Fermi-LAT-Daten, gemittelt über 300 Tage um den 8. Juli 2011, während denen der Blazar nicht aktiv war. Rechts: Fermi-LAT-Daten, ge­mittelt über 300 Tage um den 27. Februar 2013, während denen PKS B1424-418 den hellsten Blazar in diesem Bereich des Himmels dar­stellte (zum Vergrößern auf das Bild klicken, Bild: NASA / DOE / LAT Coll.).

Szenenwechsel: Im Sommer 2012 wurde das Gamma­strahlen-Obser­va­torium Fermi Zeuge eines drama­tischen Auf­leuchtens im Zentral­gebiet der aktiven Galaxie PKS B1424-418, die als Gamma­strahlungs-Blazar klassi­fiziert ist. Während des rund ein Jahr an­dauernden Aus­bruchs war die Hellig­keit von PKS B1424-418 im Gamma­bereich 15 bis 30 Mal höher als im Schnitt vor dem Aus­bruch. Der Blazar liegt inner­halb des Such­bereichs für Big Bird, aber das gilt auch für eine Reihe weiterer aktiver Galaxien.

Auf der Suche nach dem Ursprung von Big Bird wandten sich die Wissen­schaftler nun TANAMI zu, einem lang­fristigen Beob­achtungs­programm im Radio­bereich. Das Projekt über­wacht seit 2007 etwa hundert aktive Galaxien am Süd­himmel, darunter eine Reihe von Galaxien, bei denen Fermi Strahlungs­aus­brüche entdeckt hat. Drei Radio­beob­achtungen aus den Jahren 2011 bis 2013 decken die Zeit des Fermi-Strahlungs­aus­bruchs von PKS B1424-418 ab. Sie zeigen, dass die Radio­strahlung aus dem Zentral­bereich des Jets in diesem Zeit­raum eben­falls fast vier­mal heller wurde. Während seiner kompletten Programm­lauf­zeit ist im Rahmen von TANAMI bisher kein ver­gleich­barer Strahlungs­aus­bruch in einer aktiven Galaxie beob­achtet worden.

„Blazare sind in der Lage, in ihren Jets Protonen auf relati­vi­stische Energien zu be­schleunigen. Durch Wechsel­wirkung mit Licht können im Zentral­gebiet des Blazars daraus Pionen erzeugt werden“, erklärt Karl Mann­heim von der Uni Würzburg. „Aus dem Zerfall der Pionen entstehen dann sowohl Gamma­strahlen als auch Neutrinos.“ Felicia Krauß von der Uni Erlangen-Nürnberg ergänzt: „Wir haben daher in dem Feld, in dem Big Bird ent­standen sein muss, nach solchen Blazaren gesucht. Es war ein un­ver­gess­licher Moment, als wir reali­sierten, dass der drama­tischste Blazar­aus­bruch, den wir in TANAMI je gesehen hatten, genau in diesem Feld und genau zur richtigen Zeit statt­ge­funden hatte.“

Die Wissenschaftler vermuten daher, dass der Strahlungs­aus­bruch von PKS B1424-418 und das Neutrino-Ereignis Big Bird mit­ein­ander in Ver­bindung stehen. Sie berechnen eine nur fünf­prozentige Wahr­schein­lich­keit dafür, dass beide Ereig­nisse rein zu­fällig zur gleichen Zeit und am selben Ort statt­fanden. Durch die Analyse von Daten der Satelliten Fermi, Swift und WISE, sowie dem austra­lischen Long Base­line Array und weiteren Beob­achtungen konnten die Forscher er­mitteln, wie sich die Energie des Strahlungs­aus­bruchs über das elektro­magne­tische Spektrum vom Radio- bis in den Gamma­bereich verteilt und daraus ab­leiten, dass die Gesamt­energie aus­reicht, um ein Neutrino im PeV-Energie­bereich zu erzeugen.

MPIfR / JMU / RK

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