Erste extrem helle Röntgenquelle in der Andromeda-Galaxie entpuppt sich als Schwarzes Loch
Die Emission stammt vermutlich aus einem Sternsystem ähnlich den Röntgendoppelsternen in unserer Galaxis, wo ein schwarzes Loch, das mindestens 13 Mal massereicher als unsere Sonne ist, große Mengen an Materie an sich zieht.
Bisher ist unklar warum ultraleuchtkräftige Röntgenquellen (ULX) mit einer bemerkenswert hohen Leuchtkraft strahlen. Man findet sie sowohl im nahen als auch im fernen Universum in den äußeren Bereichen von Galaxien . Sie sind ziemlich selten. Meist findet man – wenn überhaupt – nur ein oder zwei ULX in einer Galaxie. Den Astronomen stehen also nur spärliche Daten zur Verfügung, die auf zwei konkurrierende Erklärungen für ihre hohe Leuchtkraft schließen lassen: Entweder handelt es sich um stellare Schwarze Löcher die extrem viel Materie verschlucken, oder es gibt eine neue Unterart von Schwarzen Löchern mittlerer Masse (IMBH), die Materie auf einem niedrigeren Niveau schlucken. Eine der größten Schwierigkeiten um dieses Rätsel zu lösen, ist die große Entfernung zu diesen Objekten, die detaillierte Beobachtungen schwierig oder sogar unmöglich macht.
Abb.: Dieses Bild zeigt den zentralen Bereich der Andromeda-Galaxie im Röntgenlicht; die neu entdeckte ULX überstrahlt alle anderen Quellen. (Bild: Landessternwarte Tautenburg, XMM-Newton, MPE)
Zwei Forscherteams berichten nun von Beobachtungen einer ungewöhnlichen Röntgenquelle in Andromeda (M31), unserer nächsten großen Nachbargalaxie in einer Entfernung von rund zwei Millionen Lichtjahren. Andromeda wird in regelmäßigen Abständen durch die Röntgen-Satelliten Chandra und XMM-Newton im Rahmen einer fortlaufenden Kampagne überwacht, die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik leiten. Chandra entdeckte das neue Objekt Ende 2009. Es wurde von den MPE-Wissenschaftlern sofort als ULX mit niedriger Leuchtkraft eingestuft.
Es handelt sich damit nicht nur um die erste ULX in dieser Spiralgalaxie sondern auch um die nächstgelegene überhaupt. Folgebeobachtungen mit den Satelliten Swift und HST lieferten wichtige ergänzende Daten. Die ULX zeigt ein sehr ähnliches Verhalten wie andere Röntgenquellen in unserer eigenen Galaxie. Die Emission nimmt mit einer charakteristischen Zeitskala von etwa einem Monat exponentiell ab, was auch eine Eigenschaft der Röntgendoppelsterne mit stellarer Masse ist. Dies bedeutet, dass die ULX in Andromeda wahrscheinlich ein normales, stellares Schwarzes Loch enthält, das mit sehr hohen Geschwindigkeiten Material verschluckt.
Ein weiteres Indiz zu den physikalischen Prozessen rund um das Schwarze Loch kommt von der Form des Röntgenspektrums, die sich im Laufe der Zeit ändert. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich aufgrund der hohen Leuchtkraft die inneren Regionen nach außen in eine Photosphäre ausdehnen. Alternativ könnte der Blick, den wir auf diese Quelle im Vergleich zu anderen Quellen in unserer eigenen Galaxie haben, viel weniger durch Gas und Staub behindert sein. Auf alle Fälle ist dies aber das erste Mal, dass eine ULX geringerer Leuchtkraft eindeutig mit einem Doppelsternsystem identifiziert wurde, das als Sternleiche ein Schwarzes Loch mit mindestens 13 Mal der Masse unserer Sonne enthält.
Idealerweise würden die Astronomen gerne diese Ergebnisse durch eine erneute Beobachtung der Quelle bei einem anderen Ausbruch bestätigen. Wenn dies allerdings wirklich ein System analog zu den Röntgendoppelsternen in unserer eigenen Milchstraße ist, können sich die Astronomen auf eine lange Wartezeit einstellen: solche Ausbrüche treten nur alle paar Jahrzehnte auf. Andererseits gibt es sehr viele Röntgendoppelsterne in der Andromeda-Galaxie, eine ähnliche Quelle könnte also jederzeit im Rahmen der laufenden Kampagne erfasst werden. Auch wenn derartige Messkampagnen auf den ersten Blick nicht sehr aufregend klingen, so zeigen die aktuellen Ergebnisse doch, dass sie oft zu neuen Entdeckungen und Durchbrüchen führen - insbesondere, wenn sie mit ausführlichen Nachfolgebeobachtungen ergänzt werden.
MPE / PH