Erste Messungen der Strahlendosis auf dem Mond
Messgerät der Uni Kiel liefert Daten zur Strahlenexposition von Astronauten.
Schon in wenigen Jahren sollen wieder Menschen auf dem Mond landen – und dort sogar länger verweilen. Auf dem Erdtrabanten ist die Weltraumstrahlung jedoch ein erhebliches Risiko. Die Apollo-Astronauten trugen deshalb Dosimeter mit sich, welche die Strahlenbelastung rudimentär maßen. Jetzt berichten Wissenschaftler aus China und Deutschland über die ersten zeitlich aufgelösten Messungen der Strahlung auf dem Mond.
Das für diese Messungen verwendete Experiment an Bord der chinesischen Mondsonde Changé-4, das „Lunar Lander Neutron and Dosimetry“ LND, wurde im Auftrag des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel entwickelt und gebaut. Die Messungen des LND erlauben die Berechnung der Äquivalentdosis, die wichtig ist, um die biologischen Effekte der Weltraumstrahlung auf den Menschen abzuschätzen. „Die von uns gemessene Strahlenbelastung ist ein gutes Maß für die Strahlung innerhalb eines Astronautenanzuges“, sagt Thomas Berger vom DLR.
Die Messungen ergeben eine Äquivalentdosisleistung von etwa sechzig Mikrosievert pro Stunde. Das sei eine erhebliche Belastung für den Menschen, sagt Robert Wimmer-Schweingruber von Uni Kiel, dessen Team das Instrument entwickelt und gebaut hat: „Wir Menschen sind eben nicht wirklich gemacht für die Weltraumstrahlung. Allerdings können und sollten sich Astronauten bei einem längeren Aufenthalt auf dem Mond möglichst vor ihr abschirmen, zum Beispiel indem sie ihre Behausung mit einer dicken Schicht Mondgestein bedecken.“ So ließe sich bei Langzeitaufenthalten auf dem Mond das Risiko der Astronauten für Krebs und andere Erkrankungen senken.
Chang’e-4 war am 3. Januar 2019 auf der Rückseite des Mondes gelandet. Das Gerät der Uni Kiel misst jeweils tagsüber und bleibt, wie alle anderen wissenschaftlichen Geräte, während der sehr kalten und fast zwei Wochen dauernden Mondnacht ausgeschaltet, um Energie zu sparen. Gerät und Lander sollten mindestens ein Jahr lang messen und haben dieses Ziel bereits übertroffen. Die Daten des Geräts und des Landers werden über den Relaissatelliten Queqiao, der sich hinter dem Mond befindet, zur Erde übertragen.
Auch hinsichtlich zukünftiger interplanetarer Missionen sind die gewonnen Daten relevant. Da der Mond weder ein schützendes Magnetfeld noch eine Atmosphäre besitzt, ist das Strahlungsfeld auf der Mondoberfläche dem im interplanetaren Raum ähnlich, abgesehen von der Abschirmung durch den Mond selbst. „Deshalb werden die Messungen des LND auch verwendet, um Modelle zu überprüfen und weiterzuentwickeln, die für zukünftige Missionen eingesetzt werden können“, so Wimmer-Schweingruber. „Wenn zum Beispiel eine bemannte Mission gen Mars aufbricht, kann durch die neuen Erkenntnisse vorab die erwartete Strahlenexposition verlässlicher abgeschätzt werden. Dabei ist es wichtig, dass der Detektor auch gewisse Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Strahlungsfeldes zulässt.“
CAU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Zhang et al.: First measurements of the radiation dose on the lunar surface, Sci. Adv. 6, eaaz1334 (2020); DOI: 10.1126/sciadv.aaz1334 - Abt. Extraterrestrische Physik (R. Wimmer-Schweingruber), Institut für experimentelle und angewandte Physik, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
- Mission Chang’e-4, China National Space Administration, China