11.03.2010

Erster Test der Allgemeinen Relativitätstheorie auf kosmologischen Skalen

Als Grundpfeiler der modernen Kosmologie konnte die Theorie bisher nur auf kleinen Skalen - innerhalb unseres Sonnensystems - getestet werden. Jetzt ist es erstmals gelungen Untersuchungen an großräumigen Strukturen im Kosmos durchzuführen.

Erster Test der Allgemeinen Relativitätstheorie auf kosmologischen Skalen

Als Grundpfeiler der modernen Kosmologie konnte die Theorie bisher nur auf kleinen Skalen - innerhalb unseres Sonnensystems - getestet werden. Jetzt ist es erstmals gelungen Untersuchungen an großräumigen Strukturen im Kosmos durchzuführen.

Die Allgemeine Relativitätstheorie Einsteins ist ein Grundpfeiler der Kosmologie. Bislang allerdings konnte diese Theorie nur auf kleinen Skalen - innerhalb unseres Sonnensystems - getestet werden. Einem internationalen Forscherteam ist es nun erstmals gelungen, einen vor drei Jahren vorgeschlagenen Test auf kosmologischen Skalen anzuwenden. Das Ergebnis ist mit den Vorhersagen der Relativitätstheorie in guter Übereinstimmung, alternative Theorien lassen sich derzeit aber noch nicht ausschließen.

Der 2007 von Pengjie Zhang von der Sternwarte Schanghai und Kollegen entworfene Test kombiniert Messungen des großräumigen Gravitationslinseneffekts, der Verteilung der Galaxien auf großen Skalen sowie der zeitlichen Entwicklung großräumiger Strukturen im Kosmos miteinander. Der resultierende skalenabhängige Prüfwert für die Gravitation EG(R) ist weitgehend unempfindlich gegen den so genannten Galaxien-Auswahleffekt, also gegen Unterschiede in der Verteilung der sichtbaren Materie und der Dunklen Materie.


Abb.: Ein Galaxienhaufen im Sloan Digital Sky Survey (SDSS) (Quelle: SDSS)

Reinabelle Reyes vom Princeton University Observatory und ihre Kollegen haben dieses Verfahren nun erstmals mit Erfolg angewendet. Zur Untersuchung der großräumigen Struktur verwendeten die Forscher die Daten von über 70.000 leuchtkräftigen roten Galaxien mit einer mittleren Entfernung von 1700 Megaparsec (5,5 Milliarden Lichtjahre) aus dem Sloan Digital Sky Survey (SDSS). Zur Bestimmung des großräumigen Gravitationslinseneffekts haben Reyes und Kollegen außerdem die Form von rund 30 Millionen Hintergrundgalaxien aus dem SDSS vermessen. Auf Längenskalen von einigen zehn Megaparsec ergibt sich für EG ein Wert von 0,39 ± 0,06. Das ist in guter Übereinstimmung mit der Allgemeinen Relativitätstheorie, die einen Wert von 0,4 vorhersagt.

Das wesentlich auf der Allgemeinen Relativitätstheorie basierende Standardmodell der Kosmologie lässt sich nur dann mit den beobachteten großräumigen Strukturen im Universum in Einklang bringen, wenn neben der normalen, sichtbaren Materie die Existenz einer großen Menge an Dunkler Materie, sowie einer die kosmische Expansion beschleunigende Dunkle Energie angenommen wird. Zwar liefern supersymmetrische Theorien der Teilchenphysik spekulative Kandidaten für die Dunkle Materie, insgesamt handelt es sich bei den dunklen Komponenten der kosmischen Massen-Energie-Dichte jedoch um bislang unverstandene physikalische Phänomene.

Ein von manchen Wissenschaftlern vorgezogener alternativer Ansatz ist daher die Modifikation der Allgemeinen Relativitätstheorie auf kosmologischen Skalen. Solche modifizierten Gravitationstheorien würden zwangsläufig zu Änderungen sowohl in der großräumigen Strukturentwicklung als auch beim großräumigen Gravitationslinseneffekt führen. Prinzipiell würde sich der Zhang-Test deshalb dafür eignen, diese Theorien zu überprüfen. Wie Reyes und ihre Kollegen diskutieren, lässt sich anhand ihrer Messungen tatsächlich bereits ein spezielles Modell der so genannten Tensor-Vektor-Skalar-Gravitationstheorie verwerfen. Doch viele andere alternativen Modelle sind im Rahmen der Messgenauigkeit noch mit den Ergebnissen verträglich. Die Arbeit von Reyes und ihren Kollegen zeigt jedoch, dass der von Zhang et al. vorgeschlagene Test funktioniert - und bereits die nächste Generation der Galaxiendurchmusterungen sollte endgültig eine experimentelle Unterscheidung zwischen der Allgemeinen Relativitätstheorie und alternativen Gravitationstheorien möglich machen.

Rainer Kayser

  

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