ESA-Satellit verglüht in den kommenden Tagen
Der 2009 gestartete Satellit GOCE der europäischen Raumfahrtorganisation ESA tritt in die Erdatmosphäre ein.
Seit März 2009 kreist GOCE (Gravity Field and steady-state Ocean Circulation Explorer) im Erdorbit in gut 250 Kilometern Höhe. Mit seinen Messungen hat der Satellit unter anderem dazu beigetragen, die Höhensysteme einzelner Länder zu vereinheitlichen. Damit können etwa unterschiedliche Höhenangaben von Bergen korrigiert und Probleme bei Bauvorhaben besser gelöst werden.
Abb.: Der GOCE-Satellit im Flug – dank der „Bernese GPS Software“, welche seine Bahn bis auf zwei Zentimeter genau bestimmte, wussten die Berner Forschenden immer, wo er sich gerade befand. (Bild: ESA)
Der Forschungssatellit lieferte auch Grundlagen, um Veränderungen des Meeresspiegels und der Ozeanströmungen zu untersuchen, was für weltweite Klimamodelle maßgeblich ist. 2011 maß GOCE zudem Schallwellen, die das schwere Erdbeben vor Japan am 11. März produziert hatte, und wurde nach Angaben der ESA so zum ersten Seismometer im All. In einem Zusammenschluss von zehn europäischen Institutionen und Universitäten war das Astronomische Institut der Universität Bern (AIUB) täglich für die präzise Bahnbestimmung aus den Daten des Bordempfängers des Global Positioning System (GPS) zuständig.
Bereits sechs Jahre vor Beginn der GOCE-Mission begannen am Astronomischen Institut der Universität Bern die Vorbereitungsarbeiten für das Projekt. Das AIUB war für die ESA erster Ansprechpartner, weil es in der GPS-Datenauswertung und der präzisen Satellitenbahnbestimmung global eine Spitzenposition einnimmt und es nur wenige Institutionen weltweit gibt, welche die hohe Anforderung von zwei Zentimetern Bahngenauigkeit überhaupt erfüllen können.
Für die präzise Bahnbestimmung des GOCE-Satelliten wurde die am AIUB seit vielen Jahren kontinuierlich weiterentwickelte „Bernese GPS Software“ verwendet. Das ist ein wissenschaftliches Programmpaket zur hochpräzisen Auswertung von GPS-Messungen und wird heute als eines der führenden Programmpakete weltweit von mehr als 500 Institutionen in der Forschung und der Landesvermessung eingesetzt.
Mehr als vier Jahre, fast dreimal so lang wie ursprünglich geplant, hat GOCE auf der niedrigsten Umlaufbahn, in der je ein Forschungssatellit flog, die Erde umkreist. Wegen der geringen Höhe der Flugbahn und der dort herrschenden atmosphärischen Reibung brauchte es ein Ionentriebwerk, um den Satelliten dauernd auf gleicher Höhe zu halten. „Die zwei Zentimeter Bahngenauigkeit auf einer solch niedrigen Umlaufbahn jederzeit zu garantieren, war eine beträchtliche Herausforderung für uns“, sagt Heike Bock, die am AIUB seit Beginn des GOCE-Projekts für die Bahnbestimmung zuständig ist.
Hinzu kommt, dass sich solch kleine tolerierbare Abweichungen nur schwer überprüfen lassen. Eine Möglichkeit sind hochpräzise Laserdistanzmessungen von weltweit verteilten Beobachtungsstationen zum Satelliten. „Diese haben die Qualität der am AIUB berechneten Bahnen eindrücklich bestätigt“, so Bock weiter. Eine dieser Stationen ist das vom AIUB betriebene Observatorium in Zimmerwald bei Bern.
Ende Oktober 2013 hat der Satellit GOCE seinen Treibstoff nun vollständig aufgebraucht und die Mission wurde von der ESA offiziell für beendet erklärt. Ohne Treibstoff kann der Satellit nicht länger auf seiner sehr niedrigen Erdumlaufbahn gehalten werden und verliert seitdem kontinuierlich an Höhe. Die beiden GPS-Bordempfänger sind aber weiterhin in Betrieb und werden solange Daten liefern, bis die Instrumente aufgrund der rauhen Bedingungen auf niedriger Höhe ausgeschaltet werden müssen. „So lange die Messinstrumente noch Daten liefern, werden wir die Bahn des GOCE-Satelliten bis zur letzten Minute weiterverfolgen“, sagt Heike Bock.
U. Bern / PH