Europa schickt «Goce» ins All
Der neue europäische Erdbeobachtungssatellit «Goce» soll die Klimaforschung entscheidend voranbringen.
Europa schickt «Goce» ins All
Darmstadt (dpa) - Der neue europäische Erdbeobachtungssatellit «Goce» soll die Klimaforschung entscheidend voranbringen. Die 5,3 Meter lange Sonde wird am 10. September 2008 vom russischen Weltraumbahnhof Plesetsk in die Erdumlaufbahn starten. «Goce» könne den Anstieg des Meeresspiegels zentimetergenau messen und zur Aufklärung von Erdbebenmechanismen beitragen, teilte das Europäische Raumfahrtkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt mit, das die Expedition steuert. Der etwa eine Tonne schwere Satellit der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA wird die Erde in den kommenden 20 Monaten in rund 260 Kilometern Höhe umkreisen.
«Goce» soll zudem das Schwerefeld der Erde in bisher unerreichter Auflösung und Genauigkeit vermessen. Herzstück ist ein hochpräziser Beschleunigungsmesser, der registriert, wenn der Satellit seine Geschwindigkeit durch Unregelmäßigkeiten im Schwerefeld der Erde verändert. «Er würde den Schub bemerken, den eine fallende Schneeflocke einem Hochseetanker gibt», illustriert Uwe Feucht, Leiter der Flugdynamik der ESA, die Empfindlichkeit des Instrumentes. Von den Daten, die «Goce» zur Erde funkt, erhoffen sich Forscher auch Aufschluss über den inneren Aufbau des Planeten und über die Einflüsse der Ozeane auf das Klima.
«Goce» kann die Massenverschiebungen im Erdinnern und in den Weltmeeren erfassen. Daher werden Forscher künftig die mächtigen Walzen flüssigen Gesteins studieren können, die sich unter der Erdkruste verbergen. Sie verursachen die Kontinentaldrift und somit auch Erdbeben. Außerdem soll der Satellit Meeresströmungen detailliert kartieren. Klimaforschern soll er somit Daten für genauere Vorhersagen geben. «Angesichts unübersehbarer Klimaänderungen sind die Daten, die "Goce" nach dem Erreichen seiner Umlaufbahn aus dem All senden wird, für Forschung und Wissenschaft entscheidend für ein besseres Verständnis des Systems Erde», sagte Professor Reiner Rummel von der Technischen Universität München, der zu den Initiatoren von «Goce» gehört.
Dank seiner Präzisionsinstrumente soll das Raumfahrzeug außerdem eine zentimetergenaue Karte der Meereshöhe erstellen, die zwischen den Weltteilen um etwa 100 Meter variiert. So entsteht ein Vergleichsmaß, anhand dessen ein möglicher künftiger Anstieg des Meeresspiegels festgestellt werden kann. An dem Projekt sind zehn Institutionen und Universitäten aus ganz Europa beteiligt. Die Abkürzung «Goce» steht für Gravity Field and Steady-State Ocean Circulation Explorer.
Von Christian Meier, dpa