Exakte Beschreibung der Wechselwirkung zwischen Elektronen und Licht
Neue Simulationsmethode für die Nanooptik entwickelt.
Dank ihrer hohen Auflösung lassen sich mit Elektronenmikroskopen die Eigenschaften von Materialien auf atomarer Ebene untersuchen und damit auch quantenphysikalische Grundlagen beobachten. Besonders aufschlussreich sind dafür die Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Photonen. Werden Elektronen mit Laserlicht bestrahlt, ändern sich zum Beispiel ihre Energie und ihre Geschwindigkeit. Mit Methoden, die Elektronenmikroskopie und Lasertechnik kombinieren, lassen sich diese Prozesse von wenigen Femtosekunden abbilden.
Nahid Talebi von der Uni Kiel hat eine neue Methode entwickelt, um diese Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Licht so genau wie aktuell möglich zu simulieren, ohne dafür auf ungenaue Näherungsmethoden zurückgreifen zu müssen. Dafür kombinierte sie die Schrödinger- und die Maxwell-Gleichung in einer zeitabhängigen Schleife miteinander. Ihre Simulation bildet diese ultraschnellen Prozesse erstmals in Echtzeit ab.
Simulationen von Wechselwirkungen zwischen Licht und Elektronen können zwar Aufschlüsse über Grundlagen der Quantenphysik geben, sind jedoch zeitaufwändig und lassen sich nur mit Hochleistungscomputern durchführen. „Deshalb wird oft nur mit Näherungswerten und eindimensionalen Elektronenmodellen gearbeitet. Damit lassen sich aber nicht alle Interaktionen abbilden“, erklärt Talebi. Ihre Simulation zeigt für jeden Zeitpunkt der Interaktion zwischen Elektron und Licht, wie sich jeweils Energie, Impuls und generelle Form der Wellenpakete der Elektronen ändern.
Mit ihrer Methode konnte Talebi außerdem erstmals ein besonderes Beugungsmuster in einer Simulation beobachten, das spezielle Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Photonen zeigt, den Kapitza-Dirac-Effekt. Dieses Muster lässt zum Beispiel weitere Rückschlüsse auf Eigenschaften der untersuchten Materialprobe zu, wie die Änderung von Ladungsträgern. Es könnte daher in zeitaufgelösten Holografieverfahren genutzt werden.
"Wir haben damit zwar bereits einen großen Schritt hin zu einem besseren Verständnis von Elektronen-Licht-Wechselwirkungen gemacht, planen aber, die Methode noch weiterzuentwickeln. Zum Beispiel um auch relativistische Effekte und Spin-Eigenschaften abzubilden, die das Verhalten von Elektronen in Festkörpern ebenfalls beeinflussen“, so Talebi. Sie und ihr Team wollen in einem nächsten Schritt außerdem Interaktionen zwischen mehreren Elektronen untereinander beschreiben können.
Die Erkenntnisse, die Talebi durch ihre theoretischen Simulationen über das Verhalten von Elektronen gewinnt, will sie auch dafür nutzen, um Elektronenmikroskope weiterzuentwickeln. Ziel ihres Projektes „NanoBeam“ ist es unter anderem, neue Messmethoden für Rasterelektronenmikroskope entwickeln, um damit ultrakurze Prozesse auf Nanoebene besser untersuchen zu können.
CAU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
N. Talebi: Strong interaction of slow electrons with near-field light visited from first principles, Phys. Rev. Lett. 125, 080401 (2020); DOI: 10.1103/PhysRevLett.125.080401 - Nanooptik (N. Talebi), Institut für experimentelle und angewandte Physik, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel