Explosive Vulkane am Meeresgrund
Trotz drückender Wassermassen sind explosive Vulkanausbrüche im tiefen Meer möglich.
Die meisten Vulkanausbrüche finden ungesehen am Grund der Weltmeere statt. Dieser submarine Vulkanismus lagert nicht nur Lava ab, sondern stößt auch große Mengen Vulkanasche aus. „Es muss also auch unter kilometerdicken Wasserschichten, die einen großen Druck ausüben und damit eine effektive Entgasung verhindern, Mechanismen geben, die zu einer explosiven Zerteilung von Magma führen“, sagt Bernd Zimanowski, Leiter des Physikalisch-Vulkanologischen Labors der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Einen solchen Mechanismus hat eine internationale Forschungsgruppe um James White (Neuseeland), Pierfrancesco Dellino (Italien), Bernd Zimanowski und Tobias Dürig nun erstmals nachgewiesen.
Das Team hat am Havre-Seamount-Vulkan geforscht. Er liegt nordwestlich von Neuseeland in etwa eintausend Meter Tiefe unter der Meeresoberfläche. Dieser Vulkan ist im Jahr 2012 ausgebrochen. Der Ausbruch erzeugte einen schwimmenden Teppich aus Ascheteilchen, der sich auf rund 400 Quadratkilometer ausdehnte – das entspricht in etwa der Fläche der Stadt Wien. Jetzt wurden mit einem Tauchroboter die Asche-Ablagerungen am Meeresboden untersucht. Dort wies die Gruppe um James White mehr als 100 Millionen Kubikmeter Vulkanasche nach. Der Tauchroboter entnahm am Meeresgrund auch Proben, die dann gemeinsam im Physikalisch Vulkanologischen Labor in Würzburg untersucht wurden.
„Wir haben das Material wieder aufgeschmolzen und unter verschiedenen Rahmenbedingungen mit Wasser in Kontakt gebracht. Unter bestimmten Bedingungen sind dabei explosive Reaktionen aufgetreten, die zur Bildung künstlicher Vulkanasche geführt haben“, sagt Bernd Zimanowski. Der Vergleich dieser Asche mit den natürlichen Proben zeigte, dass im Labor ähnliche Prozesse abgelaufen sein müssen wie in eintausend Meter Tiefe am Meeresboden. „Dabei wurde die Gesteinsschmelze in einem Tiegel mit zehn Zentimeter Durchmesser unter eine Wasserschicht gesetzt und dann mit einer Intensität deformiert, die auch beim Austreten von Magma am Meeresboden zu erwarten ist. Es bilden sich hierbei Risse und Wasser schießt schlagartig in das entstandene Vakuum ein. Das Wasser dehnt sich dann explosionsartig aus. Letztlich werden Partikel und Wasser explosiv ausgeworfen und durch ein U-förmiges Rohr in ein Wasserbecken geleitet, um die Abkühlsituation unter Wasser zu simulieren“, sagt Zimanowski. Die auf diese Weise erzeugten Partikel, die künstliche Vulkanasche, entsprachen in Form, Größe und Zusammensetzung den natürlichen Aschenkörnern.
„Wir verstehen mit diesen Ergebnissen jetzt viel besser, wie explosive Vulkanausbrüche unter Wasser möglich sind“, sagt Zimanowski. Die weiteren Untersuchungen sollen auch zeigen, ob unterseeische Vulkanexplosionen womöglich einen Effekt auf das Klima haben. Bei submarinen Lava-Eruptionen dauert es sehr lange, bis die Wärme der Lava auf das Wasser übertragen wird. Bei explosiven Eruptionen wird das Magma aber in feinste Partikel zerrissen. Das kann vielleicht so starke Wärmepulse erzeugen, dass die thermischen Ausgleichsströmungen in den Ozeanen lokal oder sogar global gestört werden. Und genau diese Strömungen haben einen wichtigen Einfluss auf das Weltklima.
U. Würzburg / JOL