02.02.2016

Extrapolieren verboten

Sub-Nanometer-Katalysatoren verhalten sich anders als prognostiziert.

Millionen Tonnen Margarine werden jährlich durch die Umsetzung unge­sättigter Fett­säuren aus Pflanzen­ölen mit Wasser­stoff herge­stellt. Während die Hydrierung von Pflanzen­ölen mit günstigen Nickel-Kataly­satoren gelingt, benötigen viele andere Reaktionen das teure Platin. Da die Hydrierungs­reaktion nur an der Ober­fläche abläuft und die inneren Atome keine Rolle spielen, entwickelt die Industrie immer kleinere Katalysator­partikel. Die kleinsten von ihnen enthalten inzwischen kaum mehr als hundert Atome. Bei noch kleineren Partikeln über­nehmen aller­dings quanten­physika­lische Effekte die Regie, und die bis­herigen Modelle können die Eigen­schaften der Platin­partikel nicht mehr vorher­sagen.

Abb.: Berechnete Struktur eines Pt10-Clusters auf einer Magnesiumoxid-Oberfläche. Die überschüssige Elektronendichte auf der Oberfläche des Clusters ist hellblau eingefärbt, Pt (blau), Mg (grau), Sauerstoff (weiß, Bild: U. Landman & B. Yoon, GIT)

Ein Forscherteam der TU München und des Georgia Institute of Techno­logy in den USA hat diese Effekte nun mit atom­genauer Präzision unter­sucht. Als Modell nahmen die Wissen­schaftler die von Platin kataly­sierte Reaktion von Ethen zu Ethan. Wie die unge­sättigten Fett­säuren enthält Ethen eine Kohlen­stoff-Doppel­bindung. Nimmt diese zwei Wasser­stoff­atome auf, wird Ethen zum gesättigten Ethan.

Seit mehr als fünfzig Jahren teilen Chemiker kata­lytische Reaktionen in solche ein, die von der Struktur und Größe des Kata­lysators beein­flusst werden und solche, auf die diese Faktoren keinen Einfluss haben. „Die Ethen­hydrierung galt als typisches Beispiel einer größen­unab­hängigen Reaktion. Wir vermuteten jedoch, dass diese Unter­scheidung für Kataly­sator­partikel im Sub­nano­meter-Bereich nicht mehr gilt“, sagt Ulrich Heiz von der TU München. Die Arbeits­gruppe von Heiz produzierte dazu Platin­partikel, die jeweils nur eine kleine Anzahl von Atomen besitzen. Mit ihrer Anlage können die Forscher gezielt Platin­cluster mit einem bis achtzig Platin­atomen produ­zieren. An diesen ließen sie Ethen und Wasser­stoff mitein­ander reagieren und analy­sierten die Ergebnisse.

Die Reaktivität hängt dabei sehr stark von der genauen Anzahl an Atomen ab. Cluster mit weniger als zehn Atomen waren kaum aktiv. Ab zehn Atomen wächst die Reak­tivität bis zu einem Maximum bei Clustern aus 13 Atomen. Sie besitzen eine deutlich höhere Reak­tivität als eine normale Platin­ober­fläche – ein klarer Beleg dafür, dass die in den letzten Jahr­zehnten für diese Reaktion postu­lierte Größen­unab­hängig­keit nicht korrekt war. Unter­mauert werden die experi­mentellen Beobach­tungen durch die von den amerika­nischen Kollegen entwickelten theore­tischen Modelle. Sie erlauben nun eine präzise Aussage darüber, welches Atom warum für welche Aktivität verant­wortlich ist. So kleine Cluster verhalten sich nicht mehr wie Metall­körper sondern wie Moleküle, ihre Eigen­schaften hängen ein­deutig von der Anzahl der Atome ab. Die Atome der kleinen Cluster können sich zu ver­schiedenen Formen – Isomeren – zusammen­finden. Außerdem spielen bei Clustern mit wenigen Atomen auch die Wechsel­wirkungen mit den Atomen des Träger­materials eine wichtige Rolle.

Inzwischen haben die Chemiker der TU München verschiedene Verfahren entwickelt, wie sie die kleinen Platin­cluster auf Träger­materialien fixieren können. „Wir verhindern damit, dass sich die kleinen Partikel zu größeren zusammen­lagern“, erläutert Heiz. „Die Ober­fläche wiederum beein­flusst, welche Form die Cluster bevorzugt annehmen. Zusammen mit der Cluster­größe haben wir damit ein Instru­men­tarium, die Eigen­schaften für eine bestimmte Reaktion maß­zu­schneidern.“ Die Wissen­schaftler wollen in naher Zukunft nass­chemische Verfahren entwickeln, mit denen effizient größere Mengen kleiner Platin­cluster mit einer genau definierten Anzahl von Atomen produziert werden können.

TUM / RK

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