Extreme Datenraten im All
W-Band-Verstärkermodule sollen die Satellitenkommunikation bei höheren Frequenzen voranbringen.
Um dem weltweit rasant wachsenden Datenkonsum und dem steigenden Bandbreitenbedarf gerecht zu werden, weicht die Satellitenkommunikation auf höhere Frequenzen aus. Das W-Band (75 bis 110 Gigahertz) eignet sich gut für die Nutzung im Weltraum, doch bislang fehlt es an technischen Komponenten. Aus diesem Grund hat das Fraunhofer IAF das Projekt „Beacon“ gestartet: Gemeinsam mit Forschern von RPG-Radiometer Physics soll im Rahmen des ESA-Programms ARTES ein neuartiges W-Band-Empfangsmodul realisiert werden. Das Ziel besteht darin, eine Technologie zu entwickeln, die rauschärmer ist als alle bisherigen W-Band-Verstärkermodule und damit den Transfer extrem hoher Datenraten durch den Weltraum ermöglicht.
Aufgrund der begrenzten Bandbreite wird es zunehmend schwieriger, die steigende Nachfrage nach höheren Datenraten in Satellitensystemen mit sehr hohem Datendurchsatz zu befriedigen. Um dem Bedarf gerecht zu werden, wird die Nutzung höherer Frequenzen angestrebt. Das W-Band ist für Anwendungen im Bereich der Satellitenkommunikation gut geeignet: Es bietet nicht nur einen hohen Datendurchsatz bei der Nutzung in großen Höhen und im Weltraum, sondern man geht auch davon aus, dass dadurch die Systemkapazität erheblich gesteigert, die Zahl der Gateway-Bodenstationen verringert und damit die Gesamtkosten des Systems reduziert werden können. Allerdings mangelt es bislang an geeigneter Technologie und Hardware für Anwendungen im W-Band-Frequenzbereich.
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF hat sich gemeinsam mit der RPG-Radiometer Physics GmbH dieser Herausforderung im Projekt „Beacon – W-band Integrated Active Receive Front-End“ angenommen. Darin entwickeln die Projektpartner ein integriertes aktives W-Band-Empfangsmodul mit einer Betriebsfrequenz von 81 bis 86 GHz, das extrem hohe Datenraten beziehungsweise eine Datenübertragung über eine große Entfernung mit geringem Stromverbrauch ermöglichen soll.
Das Empfangsmodul basiert auf der extrem rauscharmen MMIC-Technologie des Fraunhofer IAF (MMIC – Monolithic Microwave Integrated Circuit, Monolithisch integrierte Mikrowellenschaltung). „Das Fraunhofer-IAF hat in den letzten Jahren enorme Entwicklungsarbeit im mHEMT-Prozess geleistet und sich eine Kernkompetenz darin erworben, Verstärker mit dem weltweit geringsten Rauschen zu entwickeln. Auf dieser Grundlage wird im Projekt eine Reduzierung der Rauschzahl auf unter 3,5 Dezibel und damit eine erhebliche Verbesserung des State of the Art angestrebt“, erklärt Philipp Neininger, Projektkoordinator und Forscher am Fraunhofer IAF. Zudem ist das Empfangsmodul so konzipiert, dass es die linke und die rechte zirkuläre Polarisation trennt und in zwei getrennten Kanälen (LHCP und RHCP) verstärkt, was einer effektiven Verdoppelung des Datendurchsatzes dient.
Eine große Herausforderung im Beacon-Projekt stellt die neuartige Anordnung der Komponenten auf der sehr geringen Modulfläche dar. Der neue Ansatz sieht die Integration einer Vielzahl von Funktionen innerhalb einer sehr kleinen Grundfläche vor: Dazu gehören der Polarisator, die Hohlleiterübergänge zu zwei einzelnen Verstärkern, zwei koaxiale Ausgangsanschlüsse und die zugehörige DC-Schaltung. „Die Kombination dieser Merkmale – extrem geringes Rauschen, zwei unterschiedliche Polarisationen und ein innovatives Array – bringt einen enormen technologischen Fortschritt im Bereich der W-Band-Komponenten“, fasst Neininger das Projektvorhaben zusammen.
Erst vergangenes Jahr wurden zum ersten Mal Satellitensignale im W-Band-Frequenzbereich aus dem Weltraum empfangen. Der Nanosatellit W-Cube begann im Sommer 2021 seine Reise an Bord einer Falcon-9-Rakete zum polaren Orbit und sendet seitdem erfolgreich Satellitensignale bei 75 Gigahertz aus 500 Kilometern Höhe zur Erde. Das Fraunhofer IAF hatte für diese Mission bereits das Sendermodul des Satelliten sowie das Empfängermodul der korrespondierenden Bodenstation entwickelt.
Fh.-IAF / DE