26.08.2010

Exzitonen im Dreierpack

Forscher haben in einem Quantengraben Tri-Exzitonen, bestehend aus drei Elektron-Loch-Paaren, angeregt - aber keine Vier-Exzitonen-Zustände gefunden.

Forscher haben in einem Quantengraben Tri-Exzitonen, bestehend aus drei Elektron-Loch-Paaren, angeregt - aber keine Vier-Exzitonen-Zustände gefunden.

Quantenmechanisch abgestimmtes Verhalten von Elektronen ist gleichermaßen von Bedeutung für den Ablauf von chemischen Reaktionen und biochemischen Prozessen wie auch für die Wirkungsweise und Effizienz photonischer Bauteile. An Quantengräben aus Halbleitermaterial kann man solch abgestimmtes Verhalten in idealer Weise studieren, indem man optisch Elektron-Loch-Paare in gewünschter Menge erzeugt und ihre Wechselwirkung untersucht. Jetzt haben zwei Forscher am MIT herausgefunden, dass sich in einem Quantengraben aus Galliumarsenid bis zu drei Elektron-Loch-Paare quantenmechanisch abstimmen können, vier Paare jedoch nicht.

Abb.: Der spektrale Fingerabdruck der Biexitonen. Neben den drei gebundenen Exzitonenpaaren (HH, HL und LL) erkennt man noch einen korrelierten Zustand aus zwei ungebundenen Exzitonen (II). (Bild: Daniel B. Turner & Keith A. Nelson, Nature)

Daniel Turner und Keith Nelson haben mit bis zu sieben Laserpulsen Elektron-Loch-Paare in einem auf 10 K abgekühlten GaAs-Quantengraben angeregt, in ihrem Verhalten beeinflusst und schließlich zur Abstrahlung von Licht gebracht. Die ca. 90 fs langen phasenkohärenten Pulse hatten unterschiedliche Frequenzen und trafen den Quantengraben zu unterschiedlichen Zeiten. Erzeugt wurden die Pulse aus jeweils einem Laserpuls, der einen Pulsformer durchlief. Dort wurde er in seine spektralen Bestandteile zerlegt, die von einem zweidimensionalen Flüssigkristall-Lichtmodulator reflektiert und schließlich wieder miteinander überlagert wurden, wobei die gewünschte Pulsgruppe entstand.

Je nach der Frequenz und dem zeitlichen Abstand der führenden Pulse einer Pulsgruppe wurden im Quantengraben unterschiedliche Elektron-Loch-Zustände angeregt. Dabei wurden Elektronen aus dem voll besetzten Valenzband ins leere Leitungsband gehoben, wobei für jedes Elektron ein Loch zurückblieb. Da das negative Elektron an das positive Loch gebunden blieb, entstand ein wasserstoffähnliches Quasiteilchen, ein Exziton. Tatsächlich traten zwei verschiedene Arten von Löchern auf, „leichte“ und „schwere“. Das entsprechende „leichte“ (L) Exziton hatte eine um 7 meV höhere Energie als das „schwere“ Exziton (H).

So gelang es den Forschern, einzelne Exzitonen (L und H), Paare von Exzitonen oder Biexzitonen (HH, HL und LL) und sogar Exzitonen-Tripel oder Triexzitonen (HHH, HHL, HLL, LLL) anzuregen. Die weiteren Pulse einer Pulsgruppe brachten die unterschiedlichen n-Exzitonenzustände in kohärente Überlagerungen. Schließlich verschwanden die Exzitonen wieder, indem die Elektronen mit ihren Löchern rekombinierten, und es kam zur Abstrahlung von Licht. Das Spektrum des abgestrahlten Lichts hing von der Frequenz der Pulse ab, die die kohärenten Überlagerungen angeregt hatten. Wurde das Spektrum gegen die Anregungsfrequenz aufgetragen, so ergab sich ein zweidimensionaler spektraler Fingerabdruck der n-Exzitonenzustände, aus dem sich die Bindungsenergie und die Kohärenz der Exzitonen eines n-Exzitonenzustandes ablesen ließen.

Auf diese Weise konnten die MIT-Forscher erkennen, dass neben den gebundenen Exzitonenpaaren (HH, HL, LL) auch noch ein quantenmechanisch korrelierter Zustand aus zwei ungebundenen schweren Exzitonen auftrat. Die Energie dieses ungebundenen Zustands lag zwischen den Energien der HH- und HL-Biexzitonen. Auch alle vier Arten von Triexzitonen konnten die Forscher beobachten, doch ungebundene, quantenmechanisch korrelierte Zustände aus drei Exzitonen traten nicht auf. Drei Exzitonen konnten sich also nur quantenmechanisch abstimmen, indem sie einen gebundenen Zustand eingingen, dessen Bindungsenergie bei etwa 2 meV lag.

Schließlich untersuchten Daniel Turner und Keith Nelson, ob es auch quantenmechanisch korrelierte Zustände aus vier Exzitonen im GaAs-Quantengraben gab. Dabei betraten die Forscher mit ihrem Untersuchungsverfahren Neuland. Das Ergebnis war negativ: Vier Exzitonen – also insgesamt acht Teilchen – konnten bei 10 K weder einen gebundenen Zustand eingehen noch in einem ungebundenen Zustand quantenmechanisch korreliertes Verhalten zeigen. Mit Hilfe des jetzt vorgestellten Verfahrens lässt sich der Einfluss der Korrelationen von Elektronen in Halbleitern besser abschätzen.

RAINER SCHARF

Weitere Infos:

  • Originalveröffentlichung:
    Daniel B. Turner & Keith A. Nelson: Coherent measurements of high-order electronic correlations in quantum wells. Nature 466, 1089 (2010)
    dx.doi.org/10.1038/nature09286
  • Gruppe von Keith Nelson am MIT:
    nelson.mit.edu/

Weitere Literatur:

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