Faserverstärkte Verbundstoffe schnell und präzise durchleuchten
Verbessertes Verfahren ermöglicht Einsatz herkömmlicher Röntgenröhren in der Qualitätskontrolle.
Neuartige faserverstärkte Verbundstoffe gewinnen als stabile und gleichzeitig leichte Materialien zunehmend an Bedeutung. Ein Beispiel sind kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe, die beispielsweise im Flugzeugbau oder bei der Konstruktion von Sportfahrrädern eingesetzt werden. Die Eigenschaften dieser Materialien hängen maßgeblich davon ab, wie die Fasern ausgerichtet sind und wie sie sich im umgebenden Material zueinander anordnen. Sie beeinflussen beispielsweise das mechanische, optische oder elektromagnetische Verhalten von Verbundstoffen.
Will man die Zusammensetzung solcher Verbundstoffe beobachten, muss man in sie hineinschauen. Dafür kann man die Röntgenkleinwinkelstreuung SAXS verwenden. Aus dem dabei entstehenden Streuungsmuster lassen sich Informationen über das Innere einer Probe ermitteln und eventuell über die Orientierung der Fasern. Die herkömmlichen Verfahren der SAXS haben allerdings den Nachteil, dass sie sehr langsam sind: Es kann nämlich mehrerer Stunden dauern, um wenige Zentimeter einer Probe fortlaufend in der notwendigen Auflösung zu durchleuchten.
Forschern des Paul-Scherrer-Instituts und der ETH Zürich ist es jetzt gemeinsam mit Kollegen der EPF Lausanne und dem dänischen Unternehmen Xnovo Technology gelungen, die Technik für die praxisnahe Anwendung weiterzuentwickeln. „Dadurch ist es möglich, mehrere lokale Streuungsmuster zu erkennen, die die räumliche Innenstruktur einer Probe mit nur einem Röntgenbild widerspiegeln, sodass wir eine große Anzahl von aufeinanderfolgenden Bildern aufnehmen können“, sagt Matias Kagias vom PSI, der Erfinder der Methode. Als prinzipiellen Beweis für ihr Funktionieren nutzten die Forscher das neue Verfahren, um die Ausrichtung der Fasern in einem Kohlefaserband während des Knotenprozesses darzustellen. Sie nahmen zeitaufgelöste Röntgenprojektionen mit 25 Bildern pro Sekunde über einen Zeitraum von elf Sekunden auf.
Die neue Methode funktioniert darüber hinaus nicht nur mit Röntgenstrahlen aus Beschleunigeranlagen, sondern auch mit Strahlen aus herkömmlichen Röntgenröhren. „Es wird daher erwartet, dass dieser neuartige Ansatz konkrete Anwendung in Medizinprodukten, bei der zerstörungsfreien Prüfung sowie im Bereich der inneren Sicherheit finden wird“, so Marco Stampanoni vom PSI.
PSI / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung:
M. Kagias et al.: Diffractive small angle X-ray scattering imaging for anisotropic structures, Nat Commun. 10, 5130 (2019); DOI: 10.1038/s41467-019-12635-2 - FG Röntgentomografie (M. Stampanoni), Laboratory for Macromolecules and Bioimaging, Paul-Scherrer-Institut, Villigen, Schweiz