18.03.2013

Fenster fügen und Gorillaglas schneiden

Die Verbindung von Glas und Metall und ein innovatives Laserschneidverfahren standen im Mittelpunkt der jüngsten Zusammenkunft des Industriearbeitskreises Forschung und Technologie des VDMA.

Im Rahmen eines Forschungsprojektes befassen sich Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM derzeit mit der Entwicklung von Verfahren zur Herstellung von Vakuumisolierglasscheiben. Gegenüber herkömmlichen dreifach Isolierglasscheiben bieten sie gleich mehrere Vorteile. Da nur eine zweifach Verglasung nötig ist, sind sie erheblich dünner, haben mindestens so gute Wärmeschutzeigenschaften wie die besten dreifach Isolierglasscheiben und außerdem wird kein teures Edelgas gebraucht, um die Scheibenzwischenräume zu füllen. Dort befindet sich nämlich das Vakuum.

Abb.: Zwei Exponate mit Vakuumisolierglas auf der Messe glastec 2006 in Düsseldorf. (Bild: ZAE Bayern, Würzburg)

Bisher gibt es weltweit nur zwei Unternehmen – eines aus Japan und das andere aus China –, die derartige Scheiben herstellen. Die Schwierigkeiten bei der Produktion liegen darin, ein dauerhaftes Vakuum zu erzeugen. Wird die äußere Scheibe durch Sonneneinstrahlung erwärmt, dehnt sie sich und drückt nach außen. Es kommt zu Spannungen, die nicht dazu führen dürfen, dass die Verbindung mit der hinteren Scheibe undicht wird und Luft in das Vakuum strömen kann. Hinzu kommt, dass auf jedem Quadratmeter Scheibe ein Atmosphärendruck von immerhin zehn Tonnen lastet. Winzige, in die Scheibenzwischenräume integrierte und kaum sichtbare Stützen sorgen dafür, dass das Glas unter dem Druck nicht kollabiert.

Bei dem vom Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM durchgeführten Forschungsprojekt geht es, wie Tobias Rist auf der Sitzung des VDMA-Arbeitskreises in Frankfurt sagte, darum, einen Fügeprozess zu finden, „um gasdicht und mechanisch belastbar Glas und Metall miteinander zu verbinden, und das linienförmig über große Distanzen". Ziel sei es, so der Wissenschaftler weiter, ein auch im Industriemaßstab einsetzbares Verfahren zur Herstellung von Vakuum-Isolierglasscheiben zu entwickeln. Der VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) hat den Industriearbeitskreises Forschung und Technologie zur kompetenten Behandlung solcher Herausforderungen initiiert.

Da Glaslot eine starre Verbindung schafft, die mechanisch kaum belastbar ist, fiele es als Werkstoff von vornherein aus. Man habe sich deshalb für einen „flexiblen Randverbund“ entschieden, bei dem beide Scheiben unter Atmosphäre mit je einem Metallband verbunden sind, die dann im Vakuum miteinander verschweißt werden. Der bisher verwendete Evakuierungsflansch sei bei diesem Verfahren nicht mehr nötig. „Der Vorteil“, so Rist, „liegt darin, dass zunächst unter Atmosphäre statt unter Vakuum gearbeitet werden kann“.

Als mögliche Füge-Verfahren galten Ultraschallschweißen, Löten und reaktives Bonden als mögliche Lösungen. Beim Ultraschallschweißen gelang es den Wissenschaftlern jedoch nicht, den Prozess so zu beherrschen, dass er auch auf lange Distanzen anwendbar ist. Es habe Risse im Glas gegeben. Außerdem werde die Oberfläche geschwächt, was zu einer deutlich niedrigeren Festigkeit führe. Auch durch ein Vorwärmen des Glases konnte das Problem nicht gelöst werden. Allerdings würde die Verwendung eines möglichst weichen Metalls dabei helfen, Spannungen zu vermindern. Bei den Versuchen mit Glaslot sei es zwar gelungen, eine gute Verbindung zu erzeugen. Weitere Versuche sind jedoch zurückgestellt worden, weil es derzeit noch nicht möglich ist, auch Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG) zu verwenden. Wegen der hohen Temperaturen, die beim Löten entstehen, würde das ESG dabei seine Spannung verlieren.

Weiterhin befassen wollen sich die Wissenschaftler jedoch mit Metalllot. Es ist ihnen gelungen, eine Lötschicht zu entwickeln, die verhindert, dass sich die Eigenschaften des Quarzglases beim Löten verändern. Die so gefertigten Scheiben habe man, wie Rist weiter mitteilte, drei Wochen lang einem salzhaltigen Fensterreinigungsmittel ausgesetzt und außerdem drei Wochen bei 80 Grad Hitze in einem Ofen schmoren lassen, ohne dass die Verbindung dadurch geschwächt worden sei.

Allerdings bestehe auch hier noch Entwicklungsbedarf, genauso wie beim reaktiven Bonden. Bei diesem Verfahren wird die Wärme, die für den Fügeprozess nötig ist, durch eine sich selbst ausbreitende chemische Reaktion innerhalb des Systems erzeugt, die mittels eines elektrischen oder thermischen Impulses ausgelöst wird. Der Vorteil dieser Methode ist, dass sich die erzeugte Wärme ausschließlich in der Fügeverbindung konzentriert. Die Scheiben werden also nicht großflächig hohen Temperaturen ausgesetzt. Allerdings ist die Technik noch nicht so ausgereift, um sie auf langen Distanzen anzuwenden. „Für kleinere Teile ist das Verfahren jedoch durchaus interessant“, sagt Rist.

Um ein innovatives Laserschneidverfahren ging es beim Vortrag von Markus Nicht von der InnoLas System GmbH. Das Unternehmen hat einen Laser entwickelt, mit dem sich dünne gehärtete Gläser, wie beispielsweise Gorillaglas für Displays von Smartphones, schneiden lassen. Der Laser perforiert das Glas, sodass es anschließend separiert werden kann. Mit dem Verfahren, so Nicht, erreiche man Kantengenauigkeiten von 2 bis 2,5 Mikrometer. Wegen der geringen Oberflächenrauhigkeit, die während des Schneid-prozesses entstehe, könne gegenüber herkömmlichen Verfahren die Summe der Nachbehandlungsprozesse „dramatisch reduziert“ und so Kosten gespart werden. Auch sei es möglich, gleichzeitig mehrere übereinander liegende Gläser zu schneiden. Allerdings dürften sie insgesamt nicht dicker als vier Millimeter sein.

VDMA / PH

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