Feuerwerk im Nanokosmos von Röntgenpuls gefilmt
Röntgenbeugung verfolgt Nanoplasma-Dynamik beim Beschuss von Xenon-Clustern.
Ein Wunschtraum der Wissenschaft im Bereich ultraschneller Forschung und Technologie ist die nanometergenaue Abbildung sich verändernder Strukturen, während sie mit Licht wechselwirken. Einem internationalen Wissenschaftlerteam mit DESY-Beteiligung unter der Leitung von Thomas Möller von der TU Berlin und Christoph Bostedt vom SLAC in Stanford (zuvor TU Berlin) ist auf dem Weg dorthin ein entscheidender Durchbruch gelungen. Die Forscher nutzten die intensiven Laserpulse des Freie-Elektronen-Lasers FLASH zur Röntgenbeugung an Nanopartikeln. Sie konnten damit ultraschnelle elektronische Abläufe bei der Entstehung von Nanoplasma sichtbar machen. Hier versagen herkömmliche Spektroskopie-Methoden. Die Experimente eröffnen neue Wege zur Untersuchung der kurzlebigen elektronischen Konfiguration von hochangeregten Materiezuständen, wie sie beispielsweise im Innern von Sternen vorkommen. Diese Zustände können jetzt im Labor erzeugt und untersucht werden.
Abb.: Beugungsbild für einen Röntgenstrahl von hoher Leistungsdichte. (Bild: C. Bostedt et al., Phys. Rev. Lett.)
Jede Probe, auf die ein intensiver Röntgenlaserblitz trifft, wird in ein hochangeregtes Plasma umgewandelt, das heißer als die Sonne ist. Obwohl die geometrische Struktur des Nanoteilchens während der Wechselwirkung mit dem Laserpuls gleich bleibt, ändert sich das Beugungssignal durch die veränderte elektronische Struktur in der Probe. Somit können die Forscher die Information im Beugungssignal nutzen, um Einblick in kurzlebige elektronische Zustände auf der Femtosekunden-Zeitskala zu gewinnen.
In ihrer Arbeit haben die Autoren Beugungsexperimente, also die Ablenkung der Lichtstrahlen an einzelnen Xenon-Clustern mit Femtosekunden-Röntgenpulsen durchgeführt, um das Zusammenspiel zwischen Anregung und Beugung von Objekten mit Nanometer-Ausdehnung zu untersuchen. Durch ihre begrenzte Größe und einfache Elektronenstruktur sind atomare Cluster ideale Objekte, um die Wechselwirkung zwischen intensiven Lichtpulsen und Materie zu beobachten. Bisher wurde die Analyse der Wechselwirkung durch den Nachweis von Clusterfragmenten mit Ionen-Flugzeitspektrometern durchgeführt. Diese Methode hat aber den Nachteil, dass nur der Endzustand der Reaktion nachgewiesen werden kann, das heißt, der Ladungszustand der Clusterfragmente, wie er Mikrosekunden nach der Reaktion besteht. Während dieser verhältnismäßig langen Zeit können höhere Ladungszustände bereits entstanden oder zerfallen sein, die mit Flugzeitspektrometern nicht mehr gesehen zu messen sind.
Abb.: Versuchsanordnung für Beugungsexperimente mittels Einzelaufnahmen von Xenon-Nanopartikeln. Röntgenphotonen werden nachgewiesen, in optische Photonen umgewandelt und digitalisiert. (Bild: C. Bostedt et al., Phys. Rev. Lett.)
Bostedt und andere Wissenschaftler nutzten das Beugungssignal, um ultraschnelle Abläufe in der Elektronenstruktur der Cluster zu verfolgen. Die aufgenommenen Beugungs-Schnappschüsse zeigen, dass kurzlebige hochgeladene Teilchen entstehen, noch bevor der Cluster in einem ultraschnellen Feuerwerk zerfällt.
DESY / PH